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Richtungsstreit in der SPD: Strucks Gesetz, Teil II

"Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist." Dieses Postulat stammt von Peter Struck. Jetzt hat der SPD-Fraktionsvorsitzende ein zweites Strucksches Gesetz formuliert. Dabei geht es um die Kanzlerkandidatur.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Peter Struck, gilt, innerparteilich und überhaupt, als kantig und nicht domestizierbar. Die Sozialdemokratie hat eine gewisse Traditionslinie der einsilbigen Größen, denen wenige Worte genügten, komplizierte Sachverhalte auf eine einfache Formel zu bringen. Herbert Wehner etwa kommentierte das Gekippel der Union im Streit um die Ostverträge und deren, vermeintlich empörtes, Verlassen einer Bundestagssitzung höhnisch: „Wer rausgeht, muss wieder reinkommen!“ Franz Müntefering antwortete, über den Stellenwert des Amtes als Parteivorsitzender befragt, es sei das schönste, neben Papst. Von Struck stammt: „Deutschlands Freiheit wird auch im Hindukusch verteidigt.“ Er formulierte ebenfalls das so genannte Strucksche Gesetz: Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.

Jetzt hat der SPD-Fraktionsvorsitzende ein zweites Strucksches Gesetz formuliert. Es lautet: Der Parteivorsitzende hat zwar den ersten Zugriff bei der Kanzlerkandidatur, aber er muss auch entscheiden, mit wem die SPD die besten Chancen hat. Man kann das, weil Struck die Minister Steinbrück und Steinmeier als zur Kanzlerschaft befähigt nannte, als illoyal gegenüber Kurt Beck werten. Tatsächlich ist es nur eine, allerdings deutliche Ermahnung an dessen Adresse. Struck bestreitet nicht Becks erstes Zugriffsrecht. Aber er erinnert daran, welch hohe Verantwortung der oberste Sozialdemokrat hat – er allein entscheidet, aber nach Maßgabe der politischen Lage zum Zeitpunkt dieser Entscheidung, Ende 2008 oder Anfang 2009. Das heißt: Beck muss sich auch gegen Beck entscheiden können.

Gerd Appenzeller

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