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Robert Habeck: „Ich mag nicht, wenn jemand in Phrasen redet“

Er wurde durch die Tschernobyl-Katastrophe politisiert, mag Punkrock und nennt Vaclav Havel sein Vorbild. Nun kämpft Robert Habeck in Schleswig-Holstein gegen die Krise der Grünen. Ein Porträt.

Er mag Punkrock, trägt Cowboystiefel, ist promovierter Philosoph, begeistert sich für Handball wie für die eigenen Joggingrunden und nennt sich im schleswig-holsteinischen Landtagswahlkampf Spitzenkandidat, obwohl er nur auf Listenplatz 2 steht. Dank Frauenstatut steht die Finanzexpertin Monika Heinold noch vor dem 42-jährigen Robert Habeck auf der Liste der Grünen.

Das Parteigesicht des Wahlkampfes gehört aber eindeutig Habeck. Bevor er jetzt zweieinhalb Jahre Fraktionschef im Kieler Landtag war, hat er zusammen mit seiner Frau Bücher geschrieben. Innerhalb kürzester Zeit hat er sich im Lande zu einem der wenigen Redner mit Format gemausert. Und er legt diesbezüglich hohe Maßstäbe an sich selbst. „Ich mag nicht, wenn jemand in Phrasen redet.“

Er liebt die kleinen Wahlkampfformate von der Art „nahe dran“. Man kann ihn zum Gespräch ins eigene Wohnzimmer buchen, er verkauft auf dem Wochenmarkt Obst, klettert mit einem Schornsteinfeger aufs Dach und packt in einem Altenheim mit an. Als Vater von vier Söhnen, die in Flensburg die dänische Schule besuchen, macht er selbst als Hausmann eine gute Figur. Durch die Tschernobyl-Katastrophe politisiert, bezeichnet er heute Vaclav Havel als großes Vorbild. 2006 kandidierte er aussichtslos für den Bundesvorstand seiner Partei, zwei Jahre später war er dann als Nachfolger von Reinhard Bütikofer im Gespräch, winkte aber dankend ab. Inzwischen scheut er sich nicht, sich auch mal mit den Bundesspitzen seiner Partei anzulegen. Monatelang hatte sein Kurs der Eigenständigkeit den Grünen im Norden bessere Umfragewerte beschert als der Bundespartei. Er wetterte gegen „Ausschließeritis“ und „Lagerdenken“, er wollte sich eine Option für ein schwarz-grünes Bündnis offenhalten. Erst seitdem die CDU die Grünen als „charakterlose Schuldenmacher“ titulierte, hebt Habeck die größte inhaltliche Schnittmenge mit der SPD hervor.

Abbröckelnde Umfragewerte (zuletzt zwölf Prozent) dürften aber eher mit dem Piraten-Hoch als mit dem Kurswechsel zusammenhängen. Dabei hatte der gebürtige Lübecker kühn versprochen, sich ein Tattoo stechen zu lassen, wenn die Grünen 20 Prozent erreichen. Er, der für alles Konzepte, Ideen oder Visionen hat, lässt momentan eine Frage unbeantwortet. Will man von ihm wissen, ob er sich auch den Minister Habeck vorstellen könne, bekommt man von ihm zu hören: „Keine Ahnung!“ Dieter Hanisch

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