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Ein Doktorhut.

© picture alliance / dpa

"Robert Schmidt", Anonymus: „Ein gewisser sportlicher Ehrgeiz“

Wer ist "Robert Schmidt", der Plagiatsjäger, der jetzt die Dissertation von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) beanstandet? Versuch der Annäherung an einen Anonymus.

Politiker mit Doktortiteln müssen auf der Hut vor „Robert Schmidt“ sein. Der Mann mit dem Allerweltspseudonym hat die Karriere von Forschungsministerin Annette Schavan durch seine Enthüllungen über Plagiate in ihrer Doktorarbeit jäh beendet. Jetzt hat sich „Schmidt“ die Doktorschrift von Bundestagspräsident Norbert Lammert vorgeknöpft. Auf seiner Webseite „lammertplag“ wirft er dem Politiker wissenschaftliches Fehlverhalten vor. Etwa, Sekundärliteratur nicht korrekt zitiert zu haben. Lammert hat die Universität Bochum daraufhin gebeten, seine Arbeit zu prüfen.

Plagiatsjagd ist das Pendant zur Titeljagd, gleichsam ihre dunkle Seite. Wie diese ist sie zu einer deutschen Obsession (und zu einem eigenen Geschäftsfeld) geworden, so deutsch wie die unübersetzbare „Schadenfreude“. Der Herr Dr. wollte etwas Besseres sein, jetzt fällt er umso tiefer, das Publikum hat’s ja schon immer geahnt. Anonymus „Robert Schmidt“ hält seine wahre Identität streng geheim. Zumindest sein Deckname aber deutet darauf hin, dass er sich als Anwalt des gewöhnlichen Bürgers sieht. Im Namen der Schmidts, Müllers, Schulzes, Meiers schaut er den Mächtigen auf die Finger.

Über den Menschen hinter dem Allerweltsnamen ist wenig bekannt, streng genommen nicht einmal sein Geschlecht. „Schmidt“ gilt als computertechnisch versiert und wissenschaftlich bewandert, und er muss viel Freizeit haben. Vielleicht ein deklassierter Gelehrter auf Hartz IV, der sich rächt, indem er erfolgreiche Politiker stürzt, die sich in falschem akademischem Glanz gesonnt haben? Klingt plausibel, doch hat „Robert Schmidt“ im Magazin „Spiegel“ behauptet, „keinerlei Sozialleistungen“ zu beziehen.

Wenn man dem per Fax mit dem Magazin geführten Interview glauben kann, dann ist der Mensch hinter dem Phantom eher farblos. „Schmidts“ Formulierungen sind hölzern, unpersönlich, manchmal geschraubt. Sein Motiv sei „sportlicher Ehrgeiz“, faxt „Schmidt“. Sport? Es gehört wohl eher Masochismus dazu, in einer 1974 verfassten Doktorarbeit mit dem Titel „Lokale Organisationsstrukturen innerparteilicher Willensbildung“ nach falschem Umgang mit Fußnoten zu fahnden. Ein Korinthenzähler, zweifellos. Möglicherweise tut man „Schmidt“ aber auch Unrecht. Sein früheres Pseudonym soll „Hotznplotz“ gelautet haben. So ähnlich wie der Desperado aus dem Kinderbuch. Doch das nur als Fußnote.

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