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Meinung: „Rom ist eines der großen Sets der Filmfantasie“

Man muss so kinoverrückt sein wie Walter Veltroni, um neben Cannes, Venedig und Berlin noch ein drittes großes Filmfestival in Europa etablieren zu wollen. Roms Bürgermeister gilt zwar als „Buonista“, als einer, der niemandem Böses will.

Man muss so kinoverrückt sein wie Walter Veltroni, um neben Cannes, Venedig und Berlin noch ein drittes großes Filmfestival in Europa etablieren zu wollen. Roms Bürgermeister gilt zwar als „Buonista“, als einer, der niemandem Böses will. Für sein „Cinema. Festa internazionale di Roma“ war er aber bereit, den Streit mit Venedig und dessen Bürgermeister, Parteifreund Massimo Cacciari, auszuhalten. Vom „Krieg der Festivals“ schrieben die Zeitungen. Beim Gedanken daran „entsichere ich meinen Revolver“, setzte Cacciari drauf. Er fühlt sich zu Recht bedroht, Rom verfügt mit 12 Millionen Euro über weit umfangreichere Mittel als Venedig mit 8 Millionen.

Veltroni ist ein umtriebiger Kommunalchef, vor dessen Ideen niemand sicher ist und dem man die Liebe zu seiner Stadt gerne abnimmt (auch wenn er Fan von Juventus Turin ist). Tatsächlich bedeutete sein Abschied als Chef der Linksdemokraten 2001 aber einen Karriereknick, nachdem er zuvor als Kulturminister in Romano Prodis erster Regierung viel bewegte und zeitweise als Kronprinz im linken Lager galt. Nun, zwei gewonnene Bürgermeisterwahlen später und angesichts des seit Jahren überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums am Tiber, wird Veltroni erneut als Nachfolger von Romano Prodi gehandelt.

Das Filmfest ist keineswegs nur die Marotte eines ehemaligen Journalisten, der auch als Politiker noch Filmkritiken schrieb. Es reiht sich ein in Veltronis Stadtentwicklungspolitik, die vor allem auf Kultur setzt. Von Berlin hat Veltroni die lange Nacht der Museen abgeschaut und setzt auf Festivals, die noch mehr auswärtige Besucher anziehen sollen – etwa auf das seit dem 29. September laufende Theater-, Tanz- und Musikfestival und nun eben das Filmfest. Eine Rechnung, die aufzugehen scheint – die Hotels sind komplett ausgebucht.

Der Cineast Veltroni versucht, die Schwächen Venedigs gnadenlos auszunutzen. Rom bietet ähnlich wie Venedig atemberaubende Fotokulissen für die Stars. Zusätzlich will man aber viel Publikum anziehen, und wie in Cannes soll die „business street“ in der mondänen „Via Veneto“ ein Forum für Geschäftskontakte bieten. Veltroni ist fest entschlossen, die Stadt, in der in der Nachkriegszeit der Neorealismus erfunden wurde, wieder auf die Landkarte des Films zu setzen. „Die Entdeckung der Morgenröte“ heißt Veltronis erster Roman, der im Sommer erschien. Schon bald könnte über der Filmstadt Rom wieder die Sonne aufgehen.

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