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Rot-Rot-Grüne Koalition: Frische Strömung

Ein Rot-Rot-Grünes Bündnis wäre für Hannelore Kraft zwar riskant, aber die Linke ist mit diesem Wahlerfolg zu einer Größe der deutschen Politik geworden, mit der rechnen muss, wer in Bund und Ländern regieren will.

Ministerpräsidentin soll sie werden, da sind sich alle einig. Sigmar Gabriel sieht es nicht anders als Frank-Walter Steinmeier und Hannelore Kraft selbst. Bloß wie? Das Volk hat seine Staatsgewalt am Sonntag in Nordrhein-Westfalen souverän so ausgeübt, dass einige Haken an entscheidenden Stellen das Siegesgefühl trüben, weshalb der Weg nicht ohne Tücken ist.

Da wäre erstens, dass die CDU nun doch nach Wählerstimmen hauchzart vor der SPD liegt. Da ginge die große Koalition nur, wenn einer von der CDU vorn steht, auch wenn er nicht Rüttgers heißen mag. Eine vergleichbare Regierung im Bund hat für die SPD mit 23 Prozent geendet; sie kommt aus ihrer Sicht nicht infrage. Für die Traumkoalition mit den Grünen fehlt zweitens das eine entscheidende Mandat. Bräuchte man einen Dritten im Bunde. Etwa die Linke? Die hat die Kandidatin Kraft gebetsmühlenartig als nicht regierungs- und koalitionsfähig bezeichnet. Mit durchschaubaren taktischen Absichten, nämlich um sie vielleicht doch unter die Fünf-Prozent-Klausel zu drücken und den einschlägigen Attacken von CDU und FDP zu entgehen. Ganz ausgeschlossen hat Kraft eine Zusammenarbeit vorsichtshalber nicht, was ihr im Wahlkampf dreimal täglich vorgehalten wurde.

Eine bewusste Unschärfe. Denn Kraft wusste wie Gabriel und Steinmeier, dass die Linke es eben doch in den Landtag schaffen könnte. Wenn die SPD sich im Lichte des Ergebnisses demonstrativ eine Ministerpräsidentin Kraft wünscht, ist das eine unausgesprochene Öffnung in Richtung Rot-Rot-Grün. Und die rot-grün-gelbe Ampel, für die Steinmeier und die Grünen sich jetzt aussprechen, könnte sich als der unmögliche Umweg zu einem Ziel erweisen, über das öffentlich zu reden riskant wäre.

Noch zu riskant. Denn im vollen Lichte dieser Wahl muss die Frage gestellt werden: warum denn nicht die Linke? Die Linke ist mit diesem Wahlerfolg zu einer Größe der deutschen Politik geworden, mit der rechnen muss, wer in Bund und Ländern regieren will. Sie bestimmt aus der Opposition die politische Agenda mit, siehe die Niederlagen der SPD und die Linksverschiebung der CDU. In einer Kardinalfrage, nämlich der nach der Macht der Finanzmärkte, hat die Lafontaine-Partei mit ihren frühen Warnungen mehr Realismus bewiesen als Union und SPD. Die Verantwortung der fünften Partei allerdings beschränkt sich auf die rot-roten Koalitionen in Berlin und Brandenburg. Diese Abteilungen der Linken sind vernünftiger als die Westsektierer an Rhein und Ruhr. Denn Regierungsbeteiligungen fördern das Augenmaß.

In Nordrhein-Westfalen ist keine Zweierkoalition möglich. Das ist im Fünf-Parteien-System der Trend. Der Ausschluss der Linken aus allen Optionen eröffnete einen problematischen Automatismus zu großen Koalitionen, mit einer Schieflage zulasten der SPD. Zwischen den großen Strömungen aber muss mehr, nicht weniger Konkurrenz um Ideen stattfinden. Erst recht, seit die Übermacht des Finanzkapitals zu einer Lebensfrage der Demokratie geworden ist.

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