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Russland: Die Absetzung von Moskaus Bürgermeister ist gewagt

Die Formulierung, mit der Präsident Medwedew Moskaus Oberbürgermeister Luschkow Amt und Pfründe nahm, gleicht einem politischen Todesurteil: Vertrauensverlust des Präsidenten.

Luschkow hatte dem Baukonzern seiner Ehefrau lukrative Aufträge zugeschanzt. Medwedew und Regierungschef Putin hatten dazu bisher die Augen zugedrückt, ebenso zu Verkehrschaos und Umweltdesaster. Dass der Kremlchef nun Handlungsbedarf sah, erklären Beobachter vor allem mit den Präsidentenwahl Anfang 2012: Luschkow sei nicht in der Lage, dem Kandidaten der herrschenden Eliten in Moskau die nötigen Mehrheiten zu organisieren. Luschkow hatte die Brücken, die ihm gebaut wurden, ignoriert, offenbar im Vertrauen auf Putin, der bisher schützend die Hand über ihn gehalten hatte. Medwedew, so Luschkows Kalkül, werde nicht wagen, den Willen jenes Mannes zu missachten, dem er selbst seinen Aufstieg ins höchste Staatsamt verdankt. Medwedew wagte es und setzte damit erstmalig in seiner Amtszeit ein deutliches Signal, dass er sich nicht als Platzhalter für Putin sondern als realer Steuermann der russischen Staatsjacht versteht. Wohin deren Kurs künftig geht – zu liberalen Ufern, wie er bereits im Wahlkampf versprach oder zurück zu autoritären Gestaden, auf die sein Vorgänger den Bordcomputer programmiert hat – bleibt abzuwarten. Denn für Reformen fehlt Medwedew nach wie vor eine eigene Hausmacht.

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