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Meinung: „Sagt mir, was euch bedrückt“

Er ist der populärste katholische Priester Lateinamerikas, bekannter als Leonardo Boff oder Kardinal Paolo Arns. Wenn Marcelo Rossi zum Mikro greift und mit kehliger Stimme seine Jesussongs intoniert, jubeln ihm die Teenager zu und versuchen, einen Zipfel seiner Soutane zu greifen.

Er ist der populärste katholische Priester Lateinamerikas, bekannter als Leonardo Boff oder Kardinal Paolo Arns. Wenn Marcelo Rossi zum Mikro greift und mit kehliger Stimme seine Jesussongs intoniert, jubeln ihm die Teenager zu und versuchen, einen Zipfel seiner Soutane zu greifen. Momentan baut der 39-Jährige im brasilianischen Sao Paulo für seine Gottesdienste eine neue Kirche mit 100 000 Plätzen. Die bisherige ist zu klein geworden – sie fasste „nur“ 30 000 Gläubige. Aus allen Ecken der Metropole kommen die Buskarawanen, um den ungewöhnlichen Gottesmann zu hören. Seine Jesus-CDs verkaufen sich millionenfach und führen auch schon mal die Hitparade an. Seine tägliche Radioshow wird durch hunderte Stationen ausgestrahlt, sein TV-Sonntagsgottesdienst in alle Länder des Subkontinents übertragen. Einmal hat er zu einer Open-Air-Gottesdienst 2,4 Millionen Menschen angelockt – mehr als Papst Johannes Paul II. in seinen besten Zeiten. Am Freitag tritt er mit dessen Nachfolger auf: Im Anschluss einer Messfeier von Benedikt XVI. will Rossi die Massen mit Jesussongs unterhalten.

„Padre Marcelo“ ist der bekannteste Vertreter der katholischen „Charismatischen Erneuerung“. Wegen ihm ist Sao Paulo das einzige Bistum in ganz Brasilien, das nicht schrumpft, sondern wächst. Hier kehren Gläubige zum Katholizismus zurück, statt zu evangelikalen Pfingstkirchen abzuwandern.

Deren Konkurrenz macht der katholischen Kirche Lateinamerikas immer mehr zu schaffen – in diesem Teil der Welt die größte Herausforderung für das Pontifikat Benedikt XVI. Jedes Jahr sinkt der Anteil der Katholiken um etwa ein Prozent, während die Pfingstkirchen inzwischen schneller wachsen als im US-Mutterland. Diesem Trend stemmt sich Rossi entgegen, indem er evangelikale Rezepte für katholische Messfeiern adaptiert – freie, lebensnahe Gebete, eingängige Popmelodien – und auch schon mal Aerobic-Einlagen für alle. Nicht überall stößt der „katholische Popstar“ damit auf Gegenliebe. Priester seien keine Showmaster, kritisierte ihn neulich sein Erzbischof Odilo Scherer und fügte hinzu: „Ein Gottesdienst darf sich nicht in eine Popveranstaltung verwandeln.“

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