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Meinung: Scham und Schuld

„Merkel wirbt um Vertrauen der Türkei“ vom 3. Mai Etwas weniger vorgreifend als die Kanzlerin sollte man wohl sagen, „es wäre eine Schande für Deutschland, wenn der NSU-Prozess ein Schauprozess würde“, wie es sich leider andeutet.

„Merkel wirbt um Vertrauen der Türkei“ vom 3. Mai

Etwas weniger vorgreifend als die Kanzlerin sollte man wohl sagen, „es wäre eine Schande für Deutschland, wenn der NSU-Prozess ein Schauprozess würde“, wie es sich leider andeutet.

Denn die Entscheidung scheint ja bereits gefallen zu sein, da Politik und Medien, und insbesondere die Türkei die

Angeklagten und den NSU – und eigentlich ganz Deutschland – für schuldig erklärt hat, noch bevor eine Minute Prozess stattgefunden hat.

Rechtsstaatlich und menschenrechtlich gilt bekanntlich die Unschuldsvermutung so lange, bis ein Gericht die Schuld festgestellt hat.

Die Zeitschrift „Cicero“ hat eine Liste von 13 Fragen zusammengestellt, die der Prozess zu klären hätte. Die erste lautet: Wer hat die Morde begangen? Will das Gericht diese Frage beantworten, sollte es ergebnisoffen analysieren, d. h. unter Berücksichtigung von Rechtsextremen, staatlichen Behörden und direktem Umfeld der Opfer. Wird das Gericht dem äußeren Druck standhalten können?

Dr. Wolfgang Hintze,

Berlin-Wilmersdorf

Es genügt nicht, dass sich die gesamte Bundesregierung für die Ermittlungsfehler bei der Bekämpfung der Mordserie des NSU sogar bei den Vereinten Nationen öffentlich entschuldigt hat. Es genügt nicht, dass sich der Bundespräsident und die Bundeskanzlerin bei den Familienangehörigen der Opfer jeweils einzeln entschuldigt haben. Und natürlich reicht es auch noch nicht aus, dass der Bundespräsident sogar die engsten Familienangehörigen aller Opfer in seinen Amtssitz eingeladen hat und ihnen umfassende Aufklärung als Staatsoberhaupt dieses Landes zugesichert hat. Nein! Es geht noch mehr. Muss wohl noch mehr gehen. Die Bundeskanzlerin meint sogar, ganz Deutschland müsse sich schämen.

Bei so viel Devotion müssen sich aber deutsche Politiker langsam schämen, zumindest nicht darüber wundern, dass türkische Medien und türkische Politiker den Ball nicht mehr flach halten können.

Am Anfang bestand Misstrauen gegenüber deutschen Strafverfolgungsbehörden, jetzt bestehen sogar Zweifel an einem ordnungsgemäßen Strafprozessverfahren und somit Zweifel an dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip Deutschlands.

Was muss Deutschland eigentlich noch machen, damit aus uns Deutschen zumindest aus türkischer Sicht wieder gute Deutsche werden?

M. Brix, Berlin

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