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Meinung: Scharfschütze im Wortgefecht

Ein starker Mann drängt an die Spitze der britischen Tories

Niemand hätte es für möglich gehalten. Erst recht nicht die Labour-abgeordneten, die dem Tory-Chef Iain Duncan Smith („IDS“) erst Mittwoch im Parlament ein hämisches „Good bye!“ zuriefen. Nun deutet alles darauf hin, dass die konservative Partei, einst die gefürchtetste Wahlmaschine in Europa und ein gutes Jahrhundert lang die unbestrittene Partei der Macht in Großbritannien, zu ihren alten Instinkten zurückgefunden hat. Aufgepasst Tony Blair! Die Jahre des Regierens ohne ernst zu nehmende Opposition könnten zu Ende gehen.

Wieder einmal haben die Tories vorgemacht, wie man sich, wenn die Not am größten ist, rücksichtslos von einem unfähigen Boss trennt. Bei „IDS“ dauerte der bewährte angelsächsische Zyklus gerade einmal zwei Jahre und einen Monat. Vor ein paar Jahrzehnten hätte der tapfere, aber linkische Mann vielleicht einen ordentlichen Premier abgegeben. Aber nicht im Medienzeitalter und nicht gegen den großartigen Schauspieler Tony Blair. Doch der Sturz des Tory-Chefs in einer Vertrauensabstimmung am Mittwoch war nur der erste Teil. Statt sich nun bei der vierten Führungswahl in acht Jahren wieder in die alten Flügelkämpfe zu verstricken, scheint sich die Partei in einer großen, innerparteilichen Koalition des Selbsterhaltungstriebs hinter dem stärksten Mann zu scharen, Michael Howard.

So könnte in der britischen Politik eine Zeitenwende begonnen haben, als Howard in der schicken Saatchi-Galerie seine Kandidatur erklärte. Die wichtigsten Konkurrenten haben das Feld geräumt. Schon heißt es, dass auch Granden der Thatcher-Ära wie Kenneth Clarke und Michael Portillo die Zeichen richtig lesen und auf den kaum noch zu stoppenden Howard-Zug aufspringen. Privat ein öliger Charmeur, im parlamentarischen Wortgefecht ein unfehlbarer Scharfschütze, unerschütterlich als Amerikafreund und Europaskeptiker, ein Politiker, der sich als Innenminister für Recht und Ordnung stark machte und als Schattenschatzkanzler gnadenlos die wachsende Ausgabenfreude und die bürokratische Ineffizienz der Labour-Regierung an den Pranger stellte. Kurzum – ein Tory-Politiker, wie er noch immer nach dem Geschmack vieler Briten ist. Die nächste Wahl wird er schwerlich gewinnen. Aber Howard hat das Zeug, Tony Blair aus dem angestammten Terrain der Konservativen rechts der Mitte zurückzudrängen.

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