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Schleswig-Holstein: Lüge ahoi

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident giert nach der Gunst der Stunde: Wie sich Peter Harry Carstensen in Schleswig-Holstein zur Neuwahl trickst.

Wenn im Kieler Landtag von Vertrauen die Rede ist, müssten am schönen neuen Ostseekai eigentlich die Kreuzfahrtschiffe vor Lachen laut tuten. Seit langem funktioniert die Politik hier schon nach dem Motto Homo Homini Chiropsalmus, hier ist der Mensch dem Menschen eine Feuerqualle. Barschel, Engholm, Simonis, sie alle verhedderten sich im landestypischen Fischernetz, fein geknüpft aus Lug und Trug. Und Peter Harry Carstensen hängt auch schon mit einem Bein drin.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident giert nach der Gunst der Stunde und möchte die nächste Landtagswahl vorziehen, siegestrunken wohl weniger vom Bier, dessen Botschafter er seit der Kür 2006 durch den Brauerbund ist, sondern von passablen Umfragewerten für die CDU und der Hoffnung auf einen günstigen Mitnahmeeffekt am Tag der Bundestagswahl. Dafür hat er getrickst und geschummelt, dafür hat er die Koalition mit der SPD platzen lassen, dafür stellt er im Landtag, um seinen Rücktritt zu vermeiden, die Vertrauensfrage, na klar, und zwar mit dem erklärten Ziel, es vom Parlament versagt zu bekommen.

Anders als bei den umstrittenen Vertrauensfragen von Kohl 1983 und Schröder 2005, deren Regierungen jeweils über eine klare Mehrheit verfügten und die jenes Notfallinstrument mit freundlicher Unterstützung zweier schwächelnder Bundespräsidenten missbrauchten, kann sich Carstensen immerhin sicher sein, dass der Vertrauensentzug von ganzem Herzen ehrlich daherkommt – und da die Geschichte in Schleswig-Holstein spielt, ist es durchaus wahrscheinlich, dass sich auch in den Sitzreihen der CDU der eine oder der andere Harry-Mörder versteckt hält und auf seine Stunde wartet.

Carstensen, daran darf aus gegebenem Anlass sicher erinnert werden, kann heute regieren, weil bei der Wahl zum Ministerpräsidenten 2005 irgendwo auf den Bänken der SPD, der Grünen oder des SüdSchleswigschen Wählerverbands ein Heckenschütze saß, der es auf Heide Simonis abgesehen hatte.

So stand am Beginn der CDU-SPD-Koalition mit Carstensen an der Spitze ein politischer Verrat, vollzogen vom „Heide-Mörder“, anders als in Hessen unangekündigt. Der Profiteur dieses Verrats bei der SPD, Ralf Stegner, wurde Innenminister, musste aber bereits 2007 nach einem Zerwürfnis mit Carstensen sein Amt aufgeben. Spätestens seitdem ist eigentlich klar, dass da zwei miteinander regieren, die wenig miteinander zu tun haben wollen.

Einiges spricht dafür, dass dieses konservative Land, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg fast jeder Zweite ein Vertriebener oder Flüchtling war, in dem 38 Jahre hintereinander die CDU regierte, bis sie an ihrer verlogenen und verbarschelten Ehre erstickte, das acht Jahre lang einen Vollblutnazi als Ministerpräsidenten duldete, dass also dieses Land künftig von einer CDU-FDP-Koalition regiert werden wird.

Doch auch am Beginn dieser Regierung wird dann eine Lüge stehen: Carstensens Behauptung, die SPD-Spitze habe den Millionenbonus an den Chef der HSH Nordbank gebilligt, war falsch. Das kommt einem doch alles ziemlich vertraut vor.

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