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Schluss mit Tristesse: Kümmert Euch um Berlins Plätze!

Zugemüllt, trist und verlottert: Viele Plätze in Berlin geben kein schönes Bild ab. Aus Schmuckstücken sind Schmutzflächen geworden. Doch die Verwahrlosung des öffentlichen Raums zu beklagen, genügt nicht.

Eine Stadt lebt durch ihre Plätze. Sie sind Schmuckstücke, die einem Viertel den Charakter geben, Orte der Entspannung und Ikonen des öffentlichen Raums. In Berlin aber sind die Perlen stumpf geworden. In vielen Fällen ist verlottert, was Bürgersinn einst als repräsentativen Ausdruck einer gediegenen Stadt plante. Aus Schmuckstücken sind Schmutzflächen geworden. Kriegszerstörung, aber auch die Sünden einer autogerechten Schneisenplanung haben schon früh den Plätzen jede Aufenthaltsqualität genommen – heute setzen vor allem Geldmangel und Gleichgültigkeit den Plätzen zu. Wie viel zu tun ist zwischen Antonplatz in Weißensee, Hermann-Ehlers- Platz in Steglitz und dem Spandauer Markt, zeigt eine Serie des Tagesspiegels seit Wochen. Was möglich wäre, auch.

Uns liegt mehr am Herzen als die bauliche Aufhübschung trister Orte. Die beste Anregung, die überzeugendste Idee der Planer ist wenig wert, wenn sich niemand verantwortlich fühlt. Wenn es hinterher keine Pflege und Instandhaltung gibt, dann kann man sich eine teure Neugestaltung sparen. Dagegen kann selbst ein Platz, der planerisch zu wünschen übrig lässt, aber regelmäßig sauber gemacht wird, mehr erfreuen als ein architektonischer Wurf, der vernachlässigt und vermüllt ist.

Es geht deswegen nicht allein ums Bauen und ums Geld. In Berlin, wo das Wegschauen häufig als Toleranz missverstanden wird, geht es um die Wiederaneignung einer Stadt. Es gibt ermutigende Zeichen, dass sich Berliner, Alteingesessene wie Neuankömmlinge, stärker als früher für die Veränderung ihrer Stadt interessieren. Leichter hat es die eruptive Mobilisierung der Wutbürger, die gegen etwas auf die Barrikaden gehen; mühsamer ist es dagegen, Menschen zu ermutigen, sich für etwas einzusetzen. Engagement hat immer dann eine Chance, wenn das Herz dafür schlägt. Erfolgreiche Bürgerplattformen wie „Organizing Schöneweide“ haben gezeigt, was zu erreichen ist, wenn Menschen sich nicht abschrecken lassen durch Behörden, die auf leere Kassen verweisen oder Bürger bürokratisch demotivieren.

Die Berliner sollten sich um den öffentlichen Raum kümmern

Viele Veranstaltungen belegen, dass Menschen bereit sind, sich gegen die Unwirtlichkeit der Plätze zu engagieren – um sie wieder zu Orten zu machen, wo sich Familien mit Kindern ebenso wohlfühlen wie Jugendliche oder ältere Berliner. Sich um seine Stadt zu kümmern, ist bestes bürgerschaftliches Engagement – denn die Zeiten der kommunalen Vollversorgung sind vorbei und kommen nicht wieder. Die Verwahrlosung des öffentlichen Raums zu beklagen, genügt nicht. Auch das Hadern, dass eigentlich die aus unseren Steuern bezahlte Stadtreinigung ranmüsste, bleibt so richtig wie hilflos. Mitzuhelfen, die Stadt aufzuräumen, das geht alle an. Denn ohne Menschen kann die Rückgewinnung ihrer Stadt nicht gelingen.

Initiative kostet nichts, und Engagement ist ein unbezahlbarer Treibstoff für jede Verbesserung. Nicht alles braucht den großen Wurf, wichtiger sind die kleinen Schritte. Unverzichtbar sind die alltagstauglichen Patenschaften – von Initiativen, von einzelnen Anwohnern, von Unternehmen. Denn je mehr normale Nutzer sich wieder auf den Plätzen aufhalten, ihn für sich reklamieren, um so unauffälliger verhalten sich auch Problemgruppen, wie sich am Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg oder dem Leopoldplatz in Wedding zeigt. Darum der Appell an Berlins Bürger: Sie sollten im besten Sinne anstößig sein. Damit die Schmuckstücke der Stadt wieder glänzen.

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