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Schuldenkrise: Januar könnte zu Griechenlands Schicksalsmonat werden

Nachdem die Rettungsversuche für Griechenland bisher wenig Wirkung zeigen, raten manche nun zu einer Radikalkur: Griechenland solle die Eurozone verlassen. Doch das ist ein gefährliches Rezept. Wer Griechenland abschreiben will, muss die Kettenreaktionen bedenken.

Die griechische Krise ist zwar in jüngster Zeit nicht mehr weit vorn auf dem Schirm der öffentlichen Aufmerksamkeit gewesen, doch: Der Januar könnte für die Griechen der Schicksalsmonat werden. In Kürze reisen die Inspekteure von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) nach Athen, um zu prüfen wie es um die Haushaltskonsolidierung und die Umsetzung der Reformauflagen steht. Von ihrem Urteil wird abhängen, ob die dringend benötigte nächste Rate der Hilfskredite von 89 Milliarden Euro gezahlt wird. Bleibt das Geld aus, droht Griechenland im März eine ungeordnete Insolvenz, warnt Ministerpräsident Lucas Papademos. Im Gegensatz zu manch anderem weiß der parteilose Wirtschafts- und Finanzexperte Papademos, wovon er redet. Umso ernster muss man seine Mahnungen nehmen.

Die Troika-Mitglieder kommen in ein Land, das durch Spardiktat und Steuererhöhungen immer tiefer in die Rezession abgleitet. Seit Beginn der Krise ist das Bruttoinlandsprodukt um 13 Prozent geschrumpft. Die Arbeitslosenquote liegt bei fast 20 Prozent, unter den Jugendlichen sind sogar 46,4 Prozent ohne Job, fast jeder zweite. Die Krise hat viele Menschen zermürbt. Sie sind erschöpft, sie verlieren die Hoffnung. 2012 wird sich die wirtschaftliche Talfahrt fortsetzen, bereits im vierten Jahr. Der Abschwung bekommt eine gefährliche Dynamik: Je weiter die Wirtschaftsleistung schrumpft, desto mehr steigen die Defizit- und Schuldenquoten. Der Staat muss noch mehr sparen und noch höhere Steuern kassieren, um die Vorgaben der Kreditgeber einzuhalten. Er entzieht dem Wirtschaftskreislauf damit aber noch mehr Geld.

Diesen Teufelskreis versucht Griechenland jetzt mit einem Schuldenschnitt zu durchbrechen. Er soll die Schuldenlast tragbar machen. Doch das allein reicht nicht. Die befreiende Wirkung des sogenannten Hair Cut wird schnell verpuffen, wenn das Land nicht endlich die überfälligen Strukturreformen vornimmt. Ohne sie wird es in wenigen Jahren wieder am Abgrund stehen. Viele Wirtschaftsstrukturen stammen noch aus den 1950er Jahren. Die strikte Regulierung vieler Branchen, ihre Abschottung vom Wettbewerb, der staatliche Dirigismus – das alles erinnert an DDR-Verhältnisse. Dass die griechischen Politiker sich so schwer tun, sie aufzubrechen, hat Gründe: Korruption, Klientelpolitik und Nepotismus bilden das Fundament ihrer Macht. Insofern ist die Schuldenkrise in Wirklichkeit eine Krise des politischen Systems. Das ist das eigentliche Drama.

Nachdem die Rettungsversuche bisher wenig Wirkung zeigen, raten manche nun zu einer Radikalkur: Griechenland solle die Euro-Zone verlassen. Doch das ist ein gefährliches Rezept. Eine Rückkehr zur Drachme würde ernste Engpässe bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen, einen Zusammenbruch des Bankensystems, Massenelend und möglicherweise schwere soziale Konflikte bedeuten. Das träfe auch den Tourismus, den wichtigsten Wirtschaftszweig. Auch die Wettbewerbsfähigkeit würde ohne Strukturreform nicht nennenswert verbessert. Wer Griechenland abschreiben will, muss die Kettenreaktionen bedenken.

Ob mit Euro oder Drachme: Der einzige Ausweg aus der Krise sind entschlossene Reformen. Je eher die Athener Politiker das begreifen, desto besser für ihr Land – und für den Euro.

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