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Streit ums Betreuungsgeld: Philipp Rösler (FDP) und Angela Merkel (CDU).

© dpa

Schwarz-Gelbe Koalition: Nutzloser Streit ums Betreuungsgeld

Die Koalition steht wegen des Betreuungsgeld am Scheidepunkt. Die Koalitionäre streiten um etwas bis aufs Messer, dass eigentlich keinen so großen Krach wert ist - nicht zum ersten Mal.

Von Antje Sirleschtov

Wenn man in ein paar Jahren an die schwarz-gelbe Koalition zurückdenkt, was wird einem da wohl einfallen? Die Rettung Europas vielleicht? Wahrscheinlich ist das nicht. Viel eher kann man sich vorstellen, dass im kollektiven Gedächtnis zwei andere Stichworte hängen bleiben: Die Hotelsteuer, jenes koalitionäre Meisterstück interessengeleiteter Klientelpolitik aus der frühen Phase des Bündnisses aus CDU, CSU und Liberalen. Und: das Betreuungsgeld, der krönende Abschluss sozusagen, bevor man nächstes Jahr vor den Wähler tritt.

Erinnern wird man sich an beide Projekte, weil sie so viele Ähnlichkeiten haben. In ihrer Bedeutung für die Zukunft des Landes, in ihrer politischen Gewichtung für die Parteien. Und natürlich, weil man der Nachwelt an keinem anderen schwarz-gelben Projekt so anschaulich wie bei der Hotelsteuer und dem Betreuungsgeld erklären kann, wie diese Koalition gearbeitet und was sie geleitet hat. Von Anfang bis Ende sozusagen.

Befund Nummer eins: Immer, wenn es eigentlich um nichts geht, steht Schwarz-Gelb scheinbar am Abgrund. Dem Betreuungsgeld hat von Anfang an die politische Legitimation gefehlt. In einer Zeit, in der Familien händeringend nach verlässlicher Tagesbetreuung für ihre Kinder suchen, gibt es weder eine familienpolitische noch eine gleichstellungspolitische Notwendigkeit für die Einführung einer Prämie fürs Zuhausebleiben.

Und das ist wahrlich keine Erkenntnis sozialdemokratischer Ideologen, was leicht am Widerstand aller Bereiche der Sozial- und Familienverbände zu erkennen ist. Warum also muss eine „bürgerliche“ Regierung an einem solchen Projekt mit solcher Vehemenz festhalten?

Zumal man sich, beim Betreuungsgeld wie bei der Hotelsteuer, fragt, wem das Drohen mit dem Ende der Koalition eigentlich genutzt hat. Wird die FDP jemals einen liberalen Wähler gewinnen, weil sie bis zum Äußersten um die Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers gekämpft hat? Wohl kaum. Ganz im Gegenteil: Es hat die Liberalen Ansehen und Glaubwürdigkeit gekostet.

Und wird es Horst Seehofer anders ergehen, wenn er kommendes Jahr in Bayern mit seiner CSU zur Wahl steht? Natürlich nicht. Die Bayern sind keine Waldschrate ohne Fernsehanschluss, längst haben sie verstanden, dass es beim Betreuungsgeld weniger um ein paar Euro für daheim sitzende Mütter als vielmehr um die Gesichtswahrung des CSU-Vorsitzenden geht.

Angela Merkel und Philipp Rösler werden das Betreuungsgeld ins Gesetzblatt heben. Das ist sicher, auch wenn man es sich anders wünschte. Eine Absage, jetzt, wo die Sache zum dritten Mal verschoben und mühselig nachverhandelt werden muss, wäre für den CSU-Vorsitzenden Seehofer nicht zu verkraften. Dafür hat er sich zu sehr mit dem Projekt verbunden.

Aber werden die Bayern Seehofer deshalb zahlreicher wählen? Ihn, den selbst ernannten Haushaltssanierer, der gleichzeitig Milliarden für ein Betreuungsgeld ausgibt, das in den Augen der Leute zur verspotteten Herdprämie geworden ist? Kaum. Maximaler Imageschaden also für alle bei minimaler Ausbeute.

In einer Koalition, in der man sich was traut und vor allem, in der man sich gegenseitig traut, wäre ein Augenblick des Nachdenkens jetzt, wo die Sache wieder so verfahren ist, vorstellbar. Doch dafür fehlt Schwarz-Gelb die Kraft, jedem einzelnen Partner und gemeinsam allemal.

Am Anfang, bei der Hotelsteuer, war es übrigens ähnlich. Auch damals wussten die Beteiligten, dass es für alle besser gewesen wäre, rechtzeitig auszusteigen.

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