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Meinung: Sich der Mauer nähern

Jeder sah den Mangel – keiner wusste, was man dagegen machen kann: Mauerspuren sind in Berlin schwer zu finden. Vor allem Touristen und Besucher bemerken und bemängeln das.

Jeder sah den Mangel – keiner wusste, was man dagegen machen kann: Mauerspuren sind in Berlin schwer zu finden. Vor allem Touristen und Besucher bemerken und bemängeln

das. Derzeit finden sie mit etwas Mühe und Ermittlungsaufwand die Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße. Doch das dort installierte Kunstwerk lässt die Brutalität des Schnitts durch die Stadt kaum ahnen. Es war merkwürdigerweise ein Wald aus Holzkreuzen, aufgestellt an der Friedrichstraße gleich am Checkpoint Charlie, der den Leuten die Blutrünstigkeit des DDRGrenzregimes wieder nahe gebracht hat. Das hat sogar Kultursenator Thomas Flierl (PDS) anerkannt. Er will nun nicht mehr unbedingt gegen den Gedenkort vorgehen, den Alexandra Hildebrandt geschaffen hat. Die streitbare Chefin des Mauermuseums sagte: Hier, Leute, wo ihr jetzt russische Soldatenmützen als Souvenirs kaufen könnt, standen 1961 die Panzer. Ein paar Meter weiter verblutete 1962 ein junger Mann namens Peter Fechter. Man mag Hildebrandts Art, mit dem Ort umzugehen, pathetisch finden oder anmaßend. Mancher unterstellt ihr nichts als Geschäftstüchtigkeit. Wie immer man über die Holzkreuze am Checkpoint urteilt – es war diese Frau, die dem Senat gezeigt hat, was ganz sicher fehlt: ein Ort des Gedenkens mitten in Berlin, der Geschichte atmet, auch wenn er kaum noch Spuren der Teilung aufweist. Nun denken viele darüber nach, wie man an die Mauer erinnert. Man muss nichts überstürzen. Aber es ist Zeit für eine neue Annäherung an die Mauer. wvb.

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