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Meinung: Sich selbst der liebste Feind

Aus dem Westen nur Ärger – warum in der PDS jeder jeden blockiert

Wir wissen nicht, was in Gregor Gysi vorgeht, wenn er die neuesten Nachrichten aus dem Bauch der PDS hört. Rechtzeitig davongekommen, denkt sich der Privatier vielleicht im Stillen. Es wird seiner Eitelkeit schmeicheln, dass sich der Verdacht erhärtet: Ohne Gregor wird das nichts mehr. Es rumort in der PDS. Vorstandskrach, Krisentreffen, Sonderparteitag. Das Leben geht unsanft um mit der Partei, die lange glauben gemacht hat, sie sei die authentische Stimme des Ostens.

Ausgangspunkt ihrer akuten Krise ist das Wirken von wenigen, dafür desto authentischeren West-Linken. Die verfügen aus langen Kämpfen über ein Spezialwissen zur Spaltung von Zirkeln, Vereinen und Parteien, das sie gerade erfolgreich auf die PDS anwenden. Allen voran macht PDS-Vize Diether Dehm der Parteichefin Gabi Zimmer die Ausübung ihres Amtes sauer. Vor und nach dem PDS-Parteitag in Gera konnte Dehm seinen fürsorglichen Arm nicht oft genug um die Vorsitzende legen. Damals ging es darum, ob sich Zimmer mit ihrem genügsamen Kurs auf Opposition oder die Macht-interessierten Reformer um Petra Pau, Roland Claus, Dietmar Bartsch und die PDS-Landesverbände mit Regierungsbeteiligung durchsetzen. Siegerin blieb Zimmer – die vor einer Woche in ihrem Vorstand mit dem Vorschlag scheiterte, über ein Strategiepapier mit Reformvorschlägen überhaupt nur zu diskutieren. Die Verweigerer waren, allen voran, ihr Vize Dehm und Bundesgeschäftsführer Uwe Hiksch. Der ist 1999 aus der SPD-Bundestagsfraktion zur PDS gestoßen, um dort zunächst Sprecher der AG Betriebe und Gewerkschaften der PDS Bayern zu werden. Über Zahl und Einfluss der PDS in der bayerischen Arbeiterschaft ist bis heute wenig bekannt; den Aufstieg des West–Genossen in die PDS-Führung hinderte das nicht.

Eine Blockade-Haltung bescheinigt Gabi Zimmer jetzt ihren Vorstandskollegen – die diese Vorsitzende an die Spitze geschoben haben, denen diese Vorsitzende in ihre Ämter geholfen hat. Schwer abzuschätzen, wer da mehr die Geister verflucht, die einmal gerufen wurden und jetzt nicht mehr zu kontrollieren sind. Dass sie allesamt nicht viel Geist haben, damit wagen sich jetzt die PDS-Realos wieder aus der Deckung, die sich nach Gera aus der Vorstandsetage verabschiedet hatten. Das Krisentreffen hat alle zusammengeführt, die den verbliebenen Einfluss der PDS repräsentieren, Regierungsmitglieder aus Schwerin und Berlin und die beiden Bundestagsabgeordneten.

Es ist alles wieder offen: Partei-Vorsitz, Vorstand und Kurs der PDS. Von einer Zerreißprobe spricht Mecklenburg-Vorpommerns PDS-Chef Peter Ritter. Das ist eine optimistische Interpretation. Denn zerrissen ist nur, wer zwischen Alternativen, Konzepten, Personal entscheiden muss. Politisch ist die Lage fast ideal für die PDS. Wenn eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung unbequeme Sozialreformen anpackt, dann müssten daraus – zumal im Osten – eigentlich Funken zu schlagen sein. Doch die Realos in Berlin und Schwerin sind in rot-rote Regierungen eingebunden, während sich die Zimmer-PDS in alt-linker Manier selbst demontiert.

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