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Sicherheitspolitik: Eine Superpolizei ist nicht nötig

Die deutschen Sicherheitsdienste arbeiten bereits eng zusammen. Es ist nicht zu erkennen, dass eine neue große Polizeibehörde die Bekämpfung des Terrorismus zwangsläufig noch effektiver gestalten und die Anschlagsgefahr minimieren könnte.

Von Frank Jansen

Es war eines dieser schrecklichen Szenarien, das die deutschen Sicherheitsbehörden schon lange skizzieren. Ein islamistischer Terrorist läuft als wandelnde Bombe in eine größere Menschenmenge, um sich und möglichst viele Passanten in den Tod zu reißen. Was am Sonnabend in Stockholm geschah, könnte sich jederzeit wiederholen – in Berlin, in Paris, in London, in New York. Nicht umsonst gilt die Terrorwarnung, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière im November verkündet hatte, noch immer – und wurde durch das Beinahe-Inferno in Stockholm gestärkt.

Es geht da nicht nur um Killertrupps, die Al Qaida angeblich oder tatsächlich nach Deutschland schicken will. Auch Kleinstgruppen oder Einzeltäter aus dem Inland, von Sicherheitsexperten oft als „homegrown terrorists“ bezeichnet, sind permanent Teil der Gefahr. Selbst dann, wenn sie zu Al Qaida oder einer anderen Terrortruppen kaum Kontakte haben und weitgehend auf eigene Faust handeln – so wie die libanesischen Kofferbomber, die im Juli 2006 im Kölner Bahnhof in zwei Regionalzügen je einen Sprengsatz abstellten. Der Irrsinn lauert überall.

Da zwingt sich natürlich und immer wieder die Frage auf, ob die deutschen Sicherheitsbehörden hinreichend gerüstet sind, um das Risiko eines Selbstmordanschlags gering halten zu können. Was könnte zum Beispiel die Fusion von Bundespolizei und Bundeskriminalamt bewirken, die eine Expertenkommission in der vergangenen Woche mit dem Segen des Innenministers vorgeschlagen hat?

Die Antwort ist wahrscheinlich ernüchternd. Es ist derzeit nicht zu erkennen, dass eine neue große Polizeibehörde die Bekämpfung des Terrorismus zwangsläufig noch effektiver gestalten und die Anschlagsgefahr minimieren könnte. Gegen solche Hoffnungen spricht, so makaber es klingen mag, der Erfolg, den das Bundeskriminalamt und die Sicherheitsbehörden insgesamt bislang in Deutschland erzielt haben. Bis auf einen Anschlagsversuch, den der Kofferbomber, ist es nach 9/11 jedes Mal gelungen, islamistische Terroristen rechtzeitig abzufangen. Manchmal nur mithilfe ausländischer Nachrichtendienste, aber darauf wäre auch ein „deutsches FBI“ angewiesen – so wird die mögliche neue Polizeibehörde schon oft genannt, was allerdings unzutreffend ist, weil das amerikanische „Federal Bureau of Investigation“ auch nachrichtendienstliche Aufgaben wahrnimmt. Diese bekäme auch ein „Bundespolizeikriminalamt“ nicht, weil in Deutschland das Trennungsgebot die Kompetenzen von Polizei und Nachrichtendiensten strikt auseinanderhält.

Dennoch arbeiten BKA, Verfassungsschutz, BND und die anderen Behörden in Bund und Ländern meist gut zusammen, unter anderem im vor sechs Jahren gegründeten Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in Berlin. Insgesamt 40 Behörden haben Experten ins GTAZ geschickt, stärker kann man Kapazitäten und Wissen kaum ballen. Effizienter als eine neue Polizei wäre vermutlich, die islamistischen Milieus über deutlich mehr V-Leute auszuleuchten.

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