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Meinung: Sigmar, hör’ die Signale

Als Wahlsieger in Hamburg wäre Olaf Scholz eine Gefahr für den SPD-Vorsitzenden

Ist die Hamburg-Wahl unwichtig? Ist sie wegen der klaren Hamburger Verhältnisse nur als bundespolitisch bedeutungsloser Auftakt ins Superwahljahr wahrzunehmen? Zudem langweilig, weil ohnehin feststeht, dass die CDU ihre Macht verlieren wird? Das mag alles richtig sein, aber für zwei Männer in der SPD wird diese Wahl von großer Bedeutung sein. Bundespolitisch. Sie heißen Olaf Scholz und Sigmar Gabriel.

Bisher galt Scholz nicht gerade als Gewinnertyp. Kaum ein Politiker ist mit negativen Beschreibungen so überhäuft worden wie er: Scholzomat, Mann ohne Eigenschaften, der Emotionslose, der Besserwisser. Am Sonntag wird ein überragender Sieger dastehen, der den Umfragestand der Sozialdemokratie im Bund, der laut Forsa vom gestrigen Donnerstag bei 22 Prozent liegt, mehr als verdoppelt hat. Die absolute Mehrheit ist auch noch drin.

Aber diese 22 Prozent, das ist die magische Zahl, bei der für Kurt Beck als Bundesvorsitzender 2008 Schluss war. Wenn Scholz erst mal erfolgreich regiert, wenn der Osnabrücker endgültig zum Hamburger geworden sein wird, dann wird er, der ja noch immer auch stellvertretender Bundesvorsitzender ist, ganz automatisch für alle wichtigen SPD-Ämter gehandelt werden. Er wird zum Machtfaktor. Im Übrigen auch inhaltlich.

Niemand sollte ihn deshalb unterschätzen, denn kaum ein Politiker plant seine Schritte so genau und denkt so strategisch wie Scholz. Seine oft übertriebene Arroganz dient ihm dabei als Machtinstrument. So hat er sich Hamburgs SPD gefügig gemacht. Sie hat sich nach Führung gesehnt, jetzt führt er. Und wie! Er spricht auch wie er führt. Voller Selbstbewusstsein und klar in der Sache. Er sagt, dass sich ein Erster Bürgermeister in die Bundespolitik einzumischen habe. Das mag noch nicht bedeutsam sein. Bedeutsam wird der Satz, wenn man weiß, dass Scholz als Bundespolitiker in der Opposition oft riet: „Die SPD muss Machtperspektive ausstrahlen.“ Im Bund! Das ist seine Mission.

Auch deshalb ist er frech, mutig, schröderisch genug, um sich noch vor der Wahl am kommenden Sonntag herauszunehmen, mit seinem Modell Hamburg Vorbild für den Bund zu sein. Er sagt: „Wenn es gelingt, neben einer guten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auch die Belange der Wirtschaft in den Blick zu nehmen und selbstbewusst zu vertreten, kann das ein Modell für den Bund sein.“ Und weiter: Pragmatische Wirtschaftspolitik und Mindestlöhne sollten Bestandteile eines in sich geschlossenen sozialdemokratischen Konzeptes sein. Da spricht kein Kommunalpolitiker. Scholz will für die SPD wieder Glaubwürdigkeit zurückgewinnen – und zwar bei der Wirtschaft und den Eliten.

Wenn er tatsächlich glaubwürdig für diese Inhalte stehen wird, dann wird die SPD nicht an ihm vorbeikommen. Kanzlerkandidat? Muss ja gar nicht sein. Aber manch einer wird dann vielleicht fragen, für welche Inhalte genau der Bundesparteichef der SPD steht und welches Image der hat. Der Erste Bürgermeister Olaf Scholz ist eine Gefahr für Sigmar Gabriel.

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