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Meinung: „Sind wir im Kampf …

… gegen den Terrorismus aggressiv und abgebrüht genug? Darauf können Sie wetten.

… gegen den Terrorismus aggressiv und abgebrüht genug? Darauf können Sie wetten.“

D ie Augen dunkel, der Vollbart gestutzt, die schmalen Lippen zusammengepresst: So stand er am Dienstag neben George W. Bush. Mit Michael Chertoff hatte keiner gerechnet. Nun soll der Topjurist neuer Heimatschutzminister werden. Die Behörde ist riesig. Vor zwei Jahren war sie als Konsequenz aus den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geschaffen worden. Sie hat 184 000 Angestellte. Ihre Kompetenzen wurden 22 anderen Ministerien entrissen. Dieser Job verlangt ein hohes Maß an Durchsetzungskraft und Organisationstalent. Kann Chertoff das?

Seine Brillanz ist unumstritten. Republikaner wie Demokraten loben den schlanken, ja hageren Mann als „herausragende Wahl“. Seine Bestätigung durch den Senat dürfte reine Formsache sein. Liberale Bürgerrechtler bezichtigen Chertoff zwar, zu hart zu sein. In den Wochen nach „Nine-Eleven“ war er maßgeblich verantwortlich für die willkürliche Verhaftung hunderter illegaler Immigranten, die erweiterten Lauschbefugnisse für das FBI, den Patriot Act. Und Hillary Clinton verzeiht es dem Parteiadvokaten der Republikaner nicht, in der Whitewater-Affäre der eifrigste Ermittler gegen sie und ihren Mann gewesen zu sein.

Doch solche Kritik trifft nur zum Teil. Chertoff ist ein unabhängiger Geist. Mit seiner Hartnäckigkeit hat der Ex-Staatsanwalt Linke und Rechte geärgert, vor allem aber das organisierte Verbrechen und kriminelle Großunternehmen. Er hat prominente Politiker wegen Steuerhinterziehung aus dem Amt gejagt, Mafiosi hinter Gitter gebracht, im Enron-Skandal ein gigantisches Unternehmen in den Konkurs getrieben. Wo immer Unrecht geschieht, fühlt der Sohn eines Rabbiners sich berufen, es zu sühnen. Von 2001 bis 2003 leitete er die Strafverfolgungsabteilung des Justizministeriums, zuletzt war er Richter am Bundesberufungsgericht. Das ist ein Job auf Lebenszeit, den er für die neue Herausforderung aufgibt.

Chertoff kniet sich in die Arbeit. Detailversessen studiert er seine Fälle bis spät in die Nacht. Angst vor der Reaktion auf unbotmäßige Ansichten kennt er nicht. Vor kurzem hat er die Bush-Regierung dafür angegriffen, so genannte „feindliche Kämpfer“ ohne Prozess auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren. Den Präsidenten selbst, das ist wahr, hat er nie kritisiert. Aber Chertoff ist mehr als ein treuer Gefolgsmann. Mit ihm nimmt eine erfrischend eigenständige Person am Kabinettstisch Platz.

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