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Sitz im Sicherheitsrat: Deutschlands Bewerbung ist der falsche Weg

Die deutsche Bewerbung auf einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat ist falsch. Die Bundesrepublik hat bei G-8-Treffen wie dem in Heiligendamm 2007 gezeigt, dass sie sehr wohl globale Politik beeinflussen kann. Berlin sollte die Europäische Union für eine UN-Reform mobilisieren.

Am Sonnabend wird Bundesaußenminister Guido Westerwelle vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen reden. Es wird seine erste Ansprache vor dem Gremium sein, das Thema ist bekannt. Deutschland bewirbt sich für die Sitzungsperiode der Jahre 2011 und 2012 um einen der nichtständigen Sitze im Sicherheitsrat der UN, also im obersten Verantwortungskreis der Völkergemeinschaft. Guido Westerwelle wird das deutsche Bestreben begründen.

Die Motive sind durchaus ehrenwert. Deutschland will in der Welt nicht nur als Wirtschaftsmacht gesehen werden, sondern auch bei wichtigen Fragen wie dem Klimaschutz, der Abrüstung und der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen mitreden. Außerdem glaubt die Regierung Merkel, sie könne aus dem Sicherheitsrat heraus besser für eine Reform der Organisationsstrukturen der UN und hier vor allem des Weltsicherheitsrates werben. Diese Strukturen sind völlig überholt, weil sie die weltpolitischen Gewichte der Kontinente und der Nationen nicht mehr widerspiegeln.

Diese Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit macht das Streben nach einem nichtständigen Sitz letztlich obsolet, denn es beschädigt die deutsche Position im Konzert all jener Staaten, die das bisherige System ebenfalls als schlecht empfinden. Wie falsch die Bewerbung ist, zeigt sich schon an der Konkurrenzsituation, aus der heraus Berlin versucht, eine Zweidrittelmehrheit der 192 Mitgliedsnationen bei der Abstimmung am 12. Oktober zu erreichen. Zwei der nichtständigen Sitze stehen westlichen Staaten zu. Drei Länder, Kanada, Portugal und Deutschland, kandidieren dafür. Die Kanzlerin warb während ihres New-York-Aufenthaltes vor allem bei Staats- und Regierungschefs aus Afrika und von den Inselstaaten um Unterstützung. Viele von ihnen sind auf Entwicklungshilfe angewiesen. Hier hat Deutschland aber gerade zugegeben, international vereinbarte Ziele nur schwer erreichen zu können. Der zuständige Minister, Dirk Niebel, budgetiert für den weltweit bei der Gesundheitsvorsorge entscheidenden „Global Fonds“ deutlich weniger Gelder als bislang. Das ist nicht verborgen geblieben.

Vermutlich ist Kanada wegen seines weltweit hohen Ansehens fast schon ein gesetzter Kandidat für den Sicherheitsrat. Setzt Deutschland sich durch, blockt es damit das kleinere EU-Land Portugal ab, das als Sprecher für südamerikanische und afrikanische Interessen aber eine wichtige Bereicherung des Gremiums wäre. Beide Kontinente sind nicht mit ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat vertreten. Der verharrt immer noch in den Machtverhältnissen des Jahres 1945. Die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges dominieren zusammen mit China den Rat. Nur sie haben ein Vetorecht, Russland und die USA nutzen es ständig, um gegen ihre Interessen gerichtete Mehrheitsentscheidungen der UN zu blockieren. Eine große Industrienation wie Japan hat keinen ständigen Sitz, auch die regionalen Großmächte Brasilien, Südafrika und Indien nicht – Länder, die Deutschlands geborene Verbündete in einem stetigen Ringen um eine Reform der Vereinten Nationen wären.

Die Bundesrepublik hat bei G-8-Treffen wie dem in Heiligendamm 2007 gezeigt, dass sie sehr wohl globale Politik beeinflussen kann. Berlin sollte die Europäische Union für eine UN-Reform mobilisieren. Das ist mühsam, weil Frankreich und Großbritannien als ständige Sicherheitsratsmitglieder kein großes Interesse daran haben. Seriöser und glaubwürdiger wäre eine solche Politik aber allemal.

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