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Morgengrauen? Dämmerung? Die nächsten vier Jahre sind für die Energiewende entscheidend.

© dpa

Sondierungsgespräche: Vergesst die Energiewende nicht

Es wird wohl eine große Koalition. Langsam zeichnen sich auch die Themen ab, die in den Verhandlungen eine Rolle spielen werden. Vielleicht ist es gut, dass die Energiepolitik im Koalitionspoker bislang nicht auftaucht.

Von Anna Sauerbrey

Was das politische Wetter angeht, ist bald mit deutlich klareren Sichtverhältnissen zu rechnen. Gegen Mitte der Woche wird sich der Nebel um die Regierungsbildung lichten. Die meisten meinen, eine rot-schwarze Regierung am Horizont erkennen zu können, zumindest schemenhaft.

Und so zeigte das Barometer schon am Wochenende auch einen Wechsel an vom rein strategischen hin zu inhaltlichen Wetterlagen. Im Vordergrund, so scheint es, werden zunächst außen- und sozialpolitische Themen stehen. Mindestlohn, Mütterrente, Europa, der Haushalt. Die Energiewende hingegen taucht bislang auf keiner der Agenden auf, die sich das politische Berlin zuflüstert. Dabei kann sie eigentlich gar nicht weit genug oben auf der Liste stehen.

Energiewende entscheidet über Deutschlands Zukunft

Um angemessen pathetisch zu werden: Das Gelingen der Energiewende entscheidet über die Zukunft des Landes. In den vergangenen vier Jahren hat sich das Großprojekt verselbständigt. Wie ein Wildschwein auf Futtersuche grub die Energiewende den Markt um. Die Umwälzungen in der Solarbranche, die (dementierten) Berichte über einen Ausstieg von RWE aus der Braunkohleförderung in Garzweiler und die stetig steigenden Strompreise sind nur einige der vielfältigen Folgen. FDP und Union aber schauten der Sau beim Buddeln zu. Sie schafften es weder eine Strompreisbremse einzuführen noch das kaputte System der Erneuerbare-Energien-Umlage zu reparieren.

Umso größer ist der Druck in den nächsten vier Jahren, Versäumtes aufzuholen. Sowohl die Wahl des Koalitionspartners als auch die konkret beauftragten Minister werden entscheidend sein.

Union dürfte sich bei Energiepolitik mit SPD schneller einig werden

Mit der SPD dürften Einigungen in diesem Politikfeld leichter sein, wenn auch eine schwarz-rote Energiewende wohl weniger progressiv wäre. SPD und Union drücken weniger auf das Tempo als die Grünen. Auch wird es mit der SPD wohl leichter, industrieschonende Lösungen zu erarbeiten. Sigmar Gabriel hatte im Wahlkampf zuletzt den grünen Wunschpartner mit Warnungen vor einer „Deindustrialisierung“ schockiert. Auch sieht die SPD, ebenso wie Union, Kohle als längerfristige Energiequelle.

Spannend wird auch, wer das Mammutprojekt steuern wird. Philipp Rösler und Peter Altmaier blockierten sich genussvoll gegenseitig. Bei jedem Versuch, bislang privilegierte Industrien stärker an den Kosten der Energiewende zu beteiligen, stellte sich Rösler quer. Die SPD wünscht sich ohnehin ein „Energieministerium“, das Kompetenzen des Wirtschafts- und Umweltministeriums vereint. Für ein Gelingen des Projektes wäre das ein vielversprechenderes Modell als zwei konkurrierende Minister.

Um das Thema Energie wird bei Sondierung nicht gepokert

Am wichtigsten scheint, dass das Thema überhaupt Priorität bekommt. Möglicherweise ist es ja ein positives Signal, dass die Energiewende im Vorfeld echter Verhandlungen außen vor bleibt: Was nicht als Pokereinsatz verspielt wird, kann umso freier verhandelt werden. Weitere vier Jahre Stillstand sind nicht zu verkraften. Denn das reale Wetter kennt nur eine Tendenz: Es wird immer wärmer.

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