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Sparkurs in den USA: Linkes Geld, rechtes Geld

In den USA tobt der Streit ums Sparen – davon könnten Obamas Demokraten profitieren.

Wiederholt sich die Geschichte? Oder wird sie zur Farce? Die USA stehen vor der Zwangsschließung ihrer Bundesbehörden, weil der Kongress sich nicht auf das Budget einigen kann. Falls die Erfahrung vom Winter 1995/96 als Maßstab gilt, begehen die Republikaner einen schweren Fehler im Kampf um die Macht und wird Barack Obama am Ende der Sieger sein, so wie damals Bill Clinton. In der Politik sind die Handelnden in Bürgers Hand. Die Bürger mögen zwar generell auf den Staat schimpfen. Wenn man ihnen aber die Leistungen vorenthält, die sie schätzen, reagieren sie sauer.

In der Tat bietet die Konfrontation Obama die Chance, die Weichen für seine Wiederwahl 2012 zu stellen. Die entscheidende Frage lautet: Gleicht die Lage heute der von 1996, und wird Obama wie Clinton wahrgenommen?

Das Verständnis der Amerikaner für das Spardiktat der Republikaner ist heute höher, die Verschuldung hat dramatisch zugenommen. Clinton setzte damals auf den offenen Kampf gegen die Konservativen. Er charmierte die Wähler erfolgreich. Obama taktiert dagegen vorsichtig. Umfragen geben beiden Lagern gleich viel Schuld an der Blockade. Das war seinerzeit vor dem „Government Shutdown“ ähnlich. Die Stimmung wendete sich erst gegen die Republikaner, als die Folgen sichtbar wurden. Dazu trug bei, dass ihr damaliger Führer Newt Gingrich arrogant auftrat. Sein Nachfolger heute, John Boehner, hat daraus gelernt.

Er hat freilich seine Abgeordneten nicht im Griff. Ginge es nach Boehner, gäbe es längst einen Kompromiss. Er würde die gut 60 Milliarden Dollar Einsparungen, die die Demokraten zugestanden haben, als Sieg verkünden. Den neu gewählten Abgeordneten aus der Tea Party reicht der historische Rekordbetrag nicht. Sie wollen erzwingen, dass die Sparpolitik ihrer Ideologie folgt: Keine Steuergelder für Familienplanung, solange Abtreibung nicht verboten ist. Weg mit einer Umweltschutzbehörde, die der Energiebranche wirtschaftsschädliche Auflagen mache. Sendepause für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der als „links“ gilt.

Für Deutsche ist es atemberaubend, mit welcher Brutalität der Kampf ums Budget geführt wird. In den USA geht es wirklich um gegensätzliche Gesellschaftsentwürfe. Das Haushaltsrecht des Parlaments hat einen höheren Rang als in Europa. Schwer vorstellbar, dass Staatsbedienstete in Deutschland in unbezahlten Zwangsurlaub geschickt werden. Gerichte würden wohl urteilen, das Ausbleiben des Gehalts sei sozial unzumutbar.

In den USA spricht der Wähler das Urteil. Die unnachgiebige Haltung schadet den Konservativen und vergrault Wähler der Mitte. Boehner sieht das. Noch scheut er den nächsten Schritt: Er müsste den Radikalinskis sagen, dass die moderate Mehrheit der Republikaner eher mit den Demokraten für einen Budgetkompromiss stimmt, als sich vom rechten Flügel in eine Niederlage im übergeordneten Machtkampf treiben zu lassen.

Es hängt jetzt von Obama ab, ob er das Dilemma der Gegner so erfolgreich ausbeutet wie Clinton.

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