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Nun hat die SPD ihn offiziell als Klaus Wowereits Nachfolger nominiert: Stadtentwicklungssenator Michael Müller.

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SPD-Parteitag zur Wowereit-Nachfolge: Müller wird Konflikte nicht scheuen - und sie bekommen

Laune prima, 100 Prozent Zustimmung: Berlins SPD schenkt Michael Müller ihr Vertrauen. Wowereits designierter Nachfolger weiß, dass die Mannschaft auf einige Zeit nicht wird meutern können. Dennoch wird es Konflikte auszutragen geben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

So schön wird’s so bald nicht mehr werden für Michael Müller und die Berliner SPD: gefühlige Reden, wohlige Gemeinsamkeit, Würde und Stolz, Pathos und Witz, Rührung und Begeisterung, auch über sich selbst, am Ende 100 Prozent Zustimmung der Delegierten und ein knallrotes Steuerrad für den designierten Regierenden Bürgermeister. Ein gleichfarbiges Gummiboot wäre allerdings praktischer gewesen. Wofür steht das Steuerrad: Partei und Stadt auf Kurs halten – oder auf Kurs bringen? Die Klippen, auf denen gestritten wird, ansteuern oder umschiffen?

Den Delegierten war das egal, die SPD kannte für den Tag keine Flügel mehr, nur noch Genossen. Nur leise klang an, dass normal etwas anderes ist, als Klaus Wowereit bekannte, nicht immer gerne auf Parteitagen gewesen zu sein. Er meinte sicher auch jenen von Juni 2012, noch nicht so lange her, als nörgelige, gelangweilte, dem Regierungstrott überdrüssige Sozialdemokraten sich darin gefielen, Wowereit eine Abreibung zu verpassen, indem sie seinen damals schon designierten Nachfolger Müller über Bord warfen, ohne Rettungsweste. Jetzt ist er ihr Käpt’n.

Müller weiß, dass die Mannschaft auf einige Zeit nicht wird meutern können, selbst wenn die Glückskekse demnächst rationiert werden müssen. Denn von jetzt an ist Wahlkampf, bis ins Jahr 2016, falls nicht doch noch die Wahlen vorgezogen werden, was bisher bis auf Grüne und Linke im Parlament keiner will. Auch die CDU nicht.

Aber dass Müller, anders als zuletzt Wowereit, nicht mit der letzten Abendbrise so gerade noch an Land kommen will, sondern eine stürmischere Route sucht, hat die Partei von Frank Henkel gleich zu spüren bekommen, besonders Henkel selbst: „Ich will keinen Innensenator, der durch die Stadt geht mit der Haltung, wer nichts macht, macht nichts verkehrt.“ Das hätte ein Oppositionsführer genauso sagen können.

Aber auch mit den eigenen Leuten wird Müller Konflikte nicht scheuen – und sie bekommen. Sein Anspruch, der Regierende Bürgermeister nicht der SPD, sondern „der Berliner“ zu sein, mag vermessen klingen angesichts der sozialen, kulturellen und politischen Diversität der Stadt, aber das Signal ist klar: Die Partei kann gerne ein bisschen herumideologisieren, Müller will pragmatisch regieren.

Nur wie? Noch ist nicht klar, wie er das zusammen bekommen will, Berlin „zu einer wirtschaftlich führenden Stadt in Europa“ zu machen, zugleich aber das Umfeld jener zu hüten, die es nicht so dicke haben. Oder wie er die Leute beteiligen will an Entscheidungen, zugleich aber die Dominanz „der Bildungs- und Zeiteliten“ dabei verhindern kann. Und auch wer was macht in seiner künftigen Regierung, wen er gewinnen wird für den zentralen Posten des Finanzsenators, ist noch offen.

„I did it my way“, rief Wowereit am Ende seiner Rede. Müller muss seinen noch finden.

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