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Meinung: SPD-Spendenaffäre: Spenden und spenden lassen

Der Kölner an sich trägt gerne Pappnasen und klüngelt leidenschaftlich, kann nicht Fußball spielen, dafür aber ziemlich fantasievoll Spenden stückeln und Steuern hinterziehen. Das wissen wir jetzt.

Der Kölner an sich trägt gerne Pappnasen und klüngelt leidenschaftlich, kann nicht Fußball spielen, dafür aber ziemlich fantasievoll Spenden stückeln und Steuern hinterziehen. Das wissen wir jetzt. Wir haben sogar gelernt, was das Wort klüngeln ursprünglich bedeutet: Haufen bilden, sich aneinander klammern. Aber sonst wissen wir eigentlich nicht viel. Wir haben nur so ein Gefühl: Das hatten wir doch alles schon mal, so oder so ähnlich. Da hieß es nur anders. Zum Beispiel - Filz.

Vor genau einem Jahr erging es Berlin so ähnlich, wie es heute Köln ergeht. Die Kommunalpolitik schaffte es mit der CDU-Spendenaffäre um den Banker und Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky plötzlich in die überregionalen Nachrichten, ja sogar in den Bundestag, und des nachts auch zu Harald Schmidt. Überall schwärmten Reporter aus, das seltsame Gemeinwesen Berlin samt seiner noch seltsameren Vertreter mittels gängiger und neuer Klischees für das ferne Publikum anschaulich zu beschreiben, um sich alsbald wieder anderen Themen, anderen Orten zuzuwenden. Zum Beispiel den Karnevalsvereinen, mit deren Hilfe die SPD angeblich Köln regiert. Gestern Berlin, heute Köln, morgen ... So hat es auch die Politik am liebsten: alles nur ein lokales Problem, schnell eingedämmt und bald vergessen.

In Berlin steht die verschwiegene Spende bis heute nachweislich lediglich in einem verdächtigen zeitlichen Zusammenhang mit dem spektakulären Millionenkredit an zwei mittlerweile verhaftete frühere CDU-Funktionäre. In Köln erleben wir einen schweren SPD-Spendenskandal mit angehängtem Steuerbetrug. Weniger, das wäre Klüngel gewesen, so wie ihn der Kölner am liebsten versteht und wie ihn der Kabarettist Heinrich Pachel beschreibt: das Erledigen öffentlicher Interessen auf privatem Weg. Mehr, das wäre dann allerdings Korruption: also das Erlangen privater Interessen auf öffentlichem (nur nicht auf öffentlich sichtbarem) Weg. Das wäre kriminelles Regierungshandeln.

Das Vertrackte am Klüngel ist, dass er wie eine zunächst angenehme Einstiegsdroge wirkt. Wer klüngelt, bereitet politische Entscheidungen vor. Das ist in der Konsensdemokratie Deutschland erstmal gar nicht so ungewöhnlich und außerdem nicht etwa verboten, sondern oft ja durchaus erwünscht. Solange alle möglichen Interessengruppen gleichermaßen an dieser Art Klüngel beteiligt werden, und solange dabei das öffentliche Interesse die wichtigste Entscheidungsgrundlage bleibt, müsste das eigentlich ganz gut funktionieren. Theoretisch.

Es funktioniert nur nirgendwo richtig, in Köln nicht, und in Berlin, wo der Klüngel etwas weniger niedlich-verharmosend Filz heißt, schon gar nicht. Wo Klüngel und Filz herrschen, gibt es keine gleichberechtigte Teilnahme Außenstehender am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Geschehen, erst recht nicht eine kostenlose. Korruption gibt es zwar auch ohne die kleinen, gegenseitigen Gefälligkeiten unter guten Bekannten. Nur: Von Klüngel und Filz ist es ein kurzer Weg zur Korruption. Die Korrumpierten merken nicht selten als letzte, dass sie ihn längst beschritten haben, wahrhaben wollen sie es nie. Das ist das Gefährliche selbst am harmlosen Klüngel.

Kann man Klüngel und Filz verbieten, verhindern oder wenigstens vermindern? Ab und zu eine andere Partei wählen, empfehlen die einen. Ein naiv-demokratischer Rat. Gerade in Städten sind oft alle Parteien, zumindest die großen gleich eingebunden. Und das Tempo, in dem Beziehungsgeflechte wuchern, hält kein Wähler mit. Die Berliner CDU gönnte sich in den achtziger Jahren recht schnell ihre Antes-Affäre, kaum dass sie die Stadt von der SPD übernommen hatte. Nach schärferen Gesetzen rufen die anderen - als wäre nicht ohnehin schon alles verboten, was in Köln jetzt bekannt wird.

Aber so, wie es bei Helmut Kohls Ehrenwort nicht um die Ehre ging, geht es beim Kölner Skandal nicht um Köln. Die beiden Fälle sind ein Fall. Es geht dabei um die herrschende Moral der Politik. Wie sagt Friedhelm Farthmann, der alte Fuhrmann der SPD in Nordrhein-Westfalen? Jede Gesellschaft hat die Politiker, die sie verdient. Fehlt uns nur noch die Pappnase.

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