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SPD und Clement: Wie du mir

Von wegen verfolgte Unschuld. Wer etwas zu sagen hat, steht zu seiner Meinung. Ein Parteibuch niederzulegen, wäre die logische Konsequenz. Wer aber die Partei braucht, um gehört zu werden, kann auf sie nicht verzichten.

Oskar Lafontaine hat es doch richtig gemacht. Jawohl, richtig gemacht: Er ist aus der Partei ausgetreten, weil es ihm alles nicht mehr gefallen hat, was seine Genossen machen sollten. Machen wollten – davon konnte nicht die Rede sein. Denn daran ist Gerhard Schröder, historisch gesehen, doch gescheitert: Die Agenda 2010 war ein inhaltlicher Putsch von oben.

Wäre es anders, hätte der seinerzeitige Bundeskanzler sich in die Parteiniederungen hineinbegeben und Mal um Mal geduldig erklären müssen, warum was wie aus seiner Sicht nötig ist. Dann hätten die Sozialdemokraten, Spezialdemokraten im Zerreden von Ideen und Kleinhäckseln von Visionen, in Spiegelstrichen bei Parteitagsanträgen, ihm diese Reformiererei schon ausgetrieben. Abgesehen davon, dass man über manches wirklich noch hätte reden sollen, aber das geschieht ja dafür jetzt. Wahrscheinlich, bis 2010 endlich vorüber ist.

Clement will vermutlich auch deshalb nicht austreten, weil nicht sicher ist, dass eine Kolumne von ihm so viel aus- und anrichten würde, wie sie es tut, wenn er SPD-Mitglied bleibt. Die Linken auf der anderen Seite treten nun sicher nicht mehr aus, weil sie a) auf dem Vormarsch durch die Institutionen der SPD sind, b) weil sie inhaltlich die Richtung angeben. Und, Achtung, da ist der tiefe Grund des unterirdischen Streits: Was den einen der Clement, könnten den Agendisten ein, zwei Politiker aus Hessen sein, Hermann Scheer, der Spiritus Rector hinter Andrea Ypsilanti, vielleicht auch noch paar ein andere. Wie die vor der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 geredet haben – es fehlte bloß noch dieser eine Satz, den Clement auch noch gesagt hat. Den, wen er nicht wählt.

Zur Person Clement ist ja schon vieles gesagt, außer: Er nimmt übel. Sehr. Und zwar den Linken, wie sie damals den Kanzler, den SPD-Kanzler, durch fortwährende Kritik in seiner Autorität beschädigt haben. Von wegen Solidarität. Bis in den Wahlkampf ging das. So sieht es Clement, ganz bestimmt. Da kämpfen der Schröder und seine Gefolgsleute landauf, landab für ein Prinzip, ob richtig oder falsch, immerhin ein Prinzip, bis sie heiser sind, und die Moserei hintenrum nimmt kein Ende. Clement ist in dem Alter, in dem man noch das alte Sprichwort aus eigenem Erleben kennt: Wie du mir, so ich dir. Was ihm das bedeutet, erleben die Linken jetzt gerade. Was das Ganze nicht besser macht. Und an Franz Müntefering, den Mann mit und nach Lafontaine und Schröder, erinnert mit seiner Warnung „Opposition ist Mist“. Innerparteiliche manchmal auch.

„Wenn alle einstimmig singen, ist der Text ohne Bedeutung.“ Diesen Satz des polnischen Aphoristikers Stanislaw Jerzy Lec hat Scheer als einen seiner Leitsätze auf der Homepage. Ja, wenn er und die anderen sich mal daran gehalten hätten – dann gäbe es jetzt den Streit mit Clement nicht. Und gar keinen gäb’ es, wenn alle miteinander auf diese Weisheit hören würden: „Je weicher die Wahrheit, desto steifer der Standpunkt.“ Ist auch von Lec.

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