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SPD-Wahlkampf: Kurs Selbstzerstörung

Scholz und Steinbrück streiten sich öffentlich über die Rente: Langsam wird der SPD-Wahlkampf gefährlich – für sie.

Hat die SPD sich schon komplett aufgegeben? Eloquente oder überzeugende Gegner braucht die in Umfragen auf so bitter tiefe Werte gesunkene Partei im Moment jedenfalls nicht; und bestimmt nicht in den eigenen Reihen. Die SPD schafft es noch, sich selbst zu demontieren.

Jeder kann und konnte sehen, dass Parteifrontmann Franz Müntefering seit der unerwartet hohen Niederlage bei der Europawahl Anfang Juni von der Rolle ist und bisher trotz des Selbstvergewisserungsparteitags keinen Anschluss an die frühere gute Form gefunden hat. Wenigstens hatte Umweltminister Sigmar Gabriel gerade mit den Atompannen ein Thema gefunden, an dem die SPD sich aufbauen kann. Doch anstatt dass sich jetzt alle darum bemühen, fängt Finanzminister Peer Steinbrück auch noch einen Streit um die Rentengarantie an. Um die Rente! Und die Garantie, auf die sein Parteikollege Arbeitsminister Olaf Scholz doch so stolz ist!

Glaubt Steinbrück, dass er mit der Äußerung großer Zweifel an den Rentensteigerungen in der Krise und der Sorge um die 25- bis 35-Jährigen, die Kinder in die Welt setzen wollen, den Jungen signalisieren kann, die SPD kümmere sich auch um deren Belange? Sicher stellt sich der eine oder andere die Frage nach der Rente. Ein SPD- Wahlkämpfer hat aber mit anderen Fragen zu kämpfen.

Wo war der besorgte Finanzminister, als die Rentengarantie ausgeheckt wurde? Die Krise war da schon bekannt, und zur Beruhigung war zu hören, damit werde doch eigentlich nur das business as usual festgeschrieben: Den Rentnern wird nichts weggenommen.

Steinbrücks Parteifreunde jedenfalls dürften mit Schrecken hören, dass er jetzt ausgerechnet gegen die Rentensteigerung angeht. Wo doch alle Demografen ständig vorrechnen, wie hoch der Bevölkerungsanteil – und damit aus Parteisicht vor allem der Wähleranteil – älterer Menschen ist. Und die braucht die SPD; denn dass sie mit ihren auch nicht mehr ganz jungen Granden unbedingt jüngere Leute anspricht, mag bisher nicht wirklich einleuchten. Hält sich Steinbrück also eigentlich für den Herrn der Krise, global wie in der Partei? Baut er schon für die Niederlage vor? Oder sucht sich jetzt jeder in der SPD nach Lust und Laune sein eigenes Wahlkampfthema, weil es in dieser Frage keine Koordination gibt? Wenige Monate vor der Bundestagswahl am 27. September wird einem Angst und Bange, wenn man an die Sozialdemokraten denkt. Als wollten sie sich selbst zerstören. Als gewönnen persönliche Eitelkeiten wieder einmal die Oberhand. Dabei muss doch wenigstens eine starke Opposition das Ziel sein.

Und koordiniertes Vorgehen darf nebenbei gesagt nicht davon abhängen, dass der gewiefte Vizeregierungssprecher Thomas Steg ins Wahlkampfteam des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier wechselt. Wer an die Spitze will, muss Führungsstärke haben und Führung ausüben. Ein Hickhack wie jetzt ist für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands im Wahlkampf 2009 so gefährlich wie nie.

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