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Meinung: Spritzenpolitik

Erst Kongo, jetzt Libanon: In Sicherheitsfragen setzt die FDP auf die Droge Populismus

Von Robert Birnbaum

Popularität ist für Politiker eine erstrebenswerte Sache. Sie ermöglicht einen Vorderplatz auf der Beliebtheitsskala, komfortable Umfragewerte für die eigene Partei – und sie ist eine feste Basis für solide Politik. Schade nur, dass Popularität süchtig machen kann. Bedauerlich zumal, wenn dabei die politischen Dopingregeln missachtet werden. Etwa das Verbot des Aufputschmittels Populismus.

Man kann diese betrüblichen Zusammenhänge ganz gut studieren an der Außenpolitik der Freien Demokratischen Partei, genauer: ihres Vorsitzenden Guido Westerwelle. Die FDP hat den Einsatz der Bundeswehr im Kongo abgelehnt. Die FDP wird auch den Einsatz der Bundeswehr im Nahen Osten ablehnen. Sie weiß sich im Einklang mit vielen Bürgern. Das ist nicht ehrenrührig, im Gegenteil. Auch kann man in der Sache zu der Überzeugung kommen, dass unsere Soldaten in Kinshasa oder vor der Küste Beiruts nicht richtig aufgehoben sind. Es gibt gute Argumente für eine solche Haltung. Nur – Westerwelle nennt sie nicht oder allenfalls im Kleingedruckten. Die Gründe, die er lautstark anführt, sind ausgerechnet schlechte.

Für das Nein zum Libanon-Einsatz, sagt der FDP-Chef zum Beispiel, gebe es historische Gründe, ja eine „Staatsräson“ der Republik. Große Worte. Und was ist mit der ausdrücklichen Bitte Israels an die Deutschen, sich zu engagieren? Das sollte nicht mindestens Anlass sein, neu darüber nachzudenken, wie wir unserer besonderen Verantwortung für Israel am Besten gerecht werden können? Die Grünen zum Beispiel haben neu nachgedacht. Und das, obwohl die Verlockung groß sein muss, frei vom Joch der Regierungsverantwortung jetzt aber mal wieder voll den „Frieden schaffen ohne Waffen“-Stammtisch zu bedienen.

Die FDP denkt nicht neu nach. Ihr Chef entwirft mit groben Strichen Schreckensbilder: „Man stelle sich nur vor, was passierte, wenn eine deutsche Kugel – und sei es aus Versehen – einen israelischen Soldaten träfe!“

In der Tat eine schwierige Situation. Sie hat bloß nichts mit dem konkreten Einsatz zu tun. Deutsche Soldaten stehen nicht zwischen Israelis und Hisbollah. Sie sollen Schiffe kontrollieren und Waffenschmuggel verhindern. Mehr nicht. Details? Entscheidende Details.

Sieht die FDP, diese alte Partei der außenpolitischen Feinarbeit, dies nicht? Man möchte es nur zu gerne glauben. Leider ist aber ihr Nein im Falle Kongo dem gleichen Muster gefolgt: Wir basteln uns einen Popanz und hauen ihn. Ein ums andere Mal hat Westerwelle beklagt, dass eine Zweitausend-Mann-Truppe doch kein Land von der Größe Westeuropas befrieden könne! Als ob die Truppe das je hätte tun sollen.

Die FDP hat eine lange Tradition einer Außenpolitik, die Realismus mit Moral zu verbinden versucht. Das hat ihr Achtung verschafft. Gedopte Außenpolitik spart sich die Mühe. Das mag Stimmen bringen. Es kostet aber Achtung.

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