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Meinung: Stark ist der Starke nur in der Heimat

Von Antje Sirleschtov Das deutsche Wettbewerbsrecht ist im Prinzip eindeutig: Zwei Unternehmen können nur dann fusionieren, wenn ihre Konkurrenten danach noch die Chance besitzen, im Wettbewerb gegen das Fusionspaar zu bestehen. Wenn eine Fusion jedoch den Partnern die Chance gibt, den Markt zu beherrschen, dann stoppt das Bundeskartellamt das Begehren.

Von Antje Sirleschtov

Das deutsche Wettbewerbsrecht ist im Prinzip eindeutig: Zwei Unternehmen können nur dann fusionieren, wenn ihre Konkurrenten danach noch die Chance besitzen, im Wettbewerb gegen das Fusionspaar zu bestehen. Wenn eine Fusion jedoch den Partnern die Chance gibt, den Markt zu beherrschen, dann stoppt das Bundeskartellamt das Begehren. So weit, so gerecht. Denn der Gesetzgeber hat sich mit dieser Auffassung auf die Seite der Schwächeren gestellt.

Was aber ist zu tun, wenn es in einem Fusionsverfahren gar nicht um die Zügelung der Übermacht geht, wenn zwei der Auffassung sind, dass sie ohne Fusion gar nicht überleben können, weil ihre Wettbewerbsfähigkeit durch dritte – fremde – Unternehmen bedroht ist? Der Energiekonzern Eon und der Gasversorger Ruhrgas argumentieren so. Mit dem Hinweis auf eine marktbeherrschende Stellung in Deutschland hatte sich das Kartellamtes dem Fusionsantrag entgegengestellt. Die Unternehmen haben deshalb beim Bundeswirtschaftsminister um eine Sondergenehmigung, die Ministererlaubnis, nachgesucht. Sie wollen nach der Fusion nicht die Starken sein, die zur Übermacht drängen, sondern sehen sich als die Schwachen, die ihr Überleben im globalen Wettbewerb sichern müssen.

Ihnen die begehrte Erlaubnis zu erteilen, kann also tatsächlich sinnvoll sein: für die Mitarbeiter beider Unternehmen, die um ihre Jobs bangen. Für die Stadtwerke, die bei Eon und Ruhrgas Strom und Gas einkaufen, und letztlich auch für all die anderen Kunden, denen das gemeinsame Unternehmen Eon/Ruhrgas als starker Wettbewerber erhalten bleibt. Trennt sich Ruhrgas nun von seiner Beteiligung am ostdeutschen Gasversorger VNG, ist das ein Zugeständnis an die Kritiker. Die haben bislang die drohende Übermacht von Eon/Ruhrgas auf dem deutschen Markt im Visier. Ohne VNG, ein Unternehmen, das Gas für ganz Ostdeutschland importiert, wäre diese Übermacht gezügelt. Ein drittes Unternehmen könnte die VNG-Anteile erwerben und zum Konkurrenten für Eon/Ruhrgas in Deutschland werden.

Wenn es da nicht diesen faden Beigeschmack geben würde, den die Bundesregierung in das Fusionsverfahren gemengt hat. Weder der Kanzler noch sein Wirtschaftsminister haben je einen Hehl daraus gemacht, dass sie die Verbindung von Eon und Ruhrgas unterstützen. Wer mochte angesichts dessen noch auf eine sachlich abgewogene Prüfung der Angelegenheit hoffen? Und auch das Zauberstück von Wirtschaftsminister Werner Müller trug ganz und gar nicht zur Akzeptanz der Ministererlaubnis in der Öffentlichkeit bei. Der ehemalige Energiemanager zog, kaum dass man ihm fachliche Befangenheit in der Sache vorwarf, seinen Staatssekretär Alfred Tacke als unabhängig entscheidende Instanz hervor. Ausgerechnet den Mann, der sich bislang durch Pfiffigkeit bei der Umsetzung der Interessen des Bundeskanzlers hervorgetan hat. Nein, so sinnvoll und auch gerecht eine Fusionsgenehmigung für Eon und Ruhrgas letztlich auch wäre – das Wie hinterlässt Fragezeichen.

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