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Meinung: Steinmeiers Syrien-Flirt

Die SPD und ihr Außenminister sollten Damaskus nicht hofieren Von Eckart von Klaeden

Das Bild Syriens in der Welt könnte widersprüchlicher kaum sein: Letzte Woche macht ein Papier unbekannter Herkunft über zweijährige Geheimverhandlungen zwischen Syrern und Israelis Hoffnung auf konkrete Fortschritte in den Beziehungen beider Länder. Diese Woche versuchen prosyrische Kräfte im Libanon mit Generalstreik, Blockaden und Waffengewalt die Regierung Siniora zu stürzen.

In einem „Spiegel“-Interview vor vier Monaten bietet Syriens Präsident Assad die Zusammenarbeit mit dem Westen an, lässt jedoch Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Dezember mit leeren Händen wieder abreisen.

Doch wie steht es um unser Bild in Syrien? Nach westlicher Analyse müsste es doch im Interesse des laizistischen Syriens liegen, sich aus der selbst gewählten Isolation und der Umklammerung durch den radikalen und religiös fundamentalistischen Iran zu lösen, der nicht nur in der Nuklearfrage die Konfrontation mit dem Westen sucht, sondern auch die schiitische Hegemonie in der Region anstrebt. Ein Kurswechsel gegen sicher schmerzhafte Zugeständnisse, etwa im Libanon, würde Syriens strategische Lage aufwerten, durch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Westen die Lebenssituation der Syrer verbessern und schließlich das fragile Regime Assads stabilisiern.

Doch die Signale des Westens sind diffus. Zwischen den USA und Europa gibt es keine abgestimmte Syrienpolitik. Sie gibt es nicht einmal in der Europäischen Union: Steinmeiers Reise nach Damaskus war schlecht abgestimmt und übereilt. Sie wurde nicht nur in Washington, sondern auch in Paris und London mit Skepsis aufgenommen. Und schließlich setzten Altkanzler Gerhard Schröder und Emissäre des SPD-Parteipräsidiums auf ihren Reisen von der Linie des Auswärtigen Amtes abweichende Akzente. Das erweckt in Syrien den Eindruck, man könne die Vorteile auch ohne oder nur durch geringe Zugeständnisse erreichen, und schwächt die Kräfte, die für eine Kooperation mit dem Westen und die Distanzierung vom Iran sowie die Einstellung der Unterstützung für Hisbollah und Hamas eintreten.

Europa braucht daher dringend eine kohärente und mit den Vereinigten Staaten abgestimmte Syrienpolitik. Die Zeit dafür ist günstig: In seiner „State of the Union“-Rede hat US-Präsident George W. Bush zu Recht vor dem Erstarken des schiitischen Extremismus gewarnt. Ein Grund mehr, sich um Syrien zu bemühen. Assad hat vor vier Monaten klar gemacht, dass nur die USA der Hauptmakler für einen Frieden im Nahen Osten sein können. Eine Sonderrolle der Europäer lehnte er ausdrücklich ab.

Dennoch kann Europa in doppelter Hinsicht eine zentrale Rolle spielen, als Mitglied des Nahostquartetts und Verbündeter der USA. Dazu bedarf es einer engen Abstimmung mit den USA und Übereinstimmung in Europa selbst. Die deutsche EU-Präsidentschaft bietet in dieser Hinsicht eine gute Gelegenheit. Es sollte deutlich werden, wie sehr wir am Dialog mit Syrien interessiert sind, dass es diesen Dialog aber nicht unkonditioniert geben kann.

Der Autor ist außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.

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