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Meinung: Sternstunden der Marktwirtschaft Von Ursula Weidenfeld

Ein paar Tage vor der Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bank veröffentlichte das „Manager Magazin“ eine Liste der sozialsten Unternehmen Europas. Die Deutsche Bank belegte den fünften Platz unter den deutschen Firmen.

Ein paar Tage vor der Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bank veröffentlichte das „Manager Magazin“ eine Liste der sozialsten Unternehmen Europas. Die Deutsche Bank belegte den fünften Platz unter den deutschen Firmen. Besser als sie kümmern sich nur die beiden ehemaligen Staatsunternehmen Post und Telekom, die ChemieTraditionalisten BASF und Bayer um Mitarbeiter, Umwelt und die Gesellschaft, in der sie arbeiten.

Heute, zwei Wochen später, würde der Bank kaum noch jemand das Attribut sozial zumessen: Seitdem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann einen Milliardengewinn vorgestellt hat und gleichzeitig ankündigte, rund 6000 Mitarbeiter zu entlassen, steht die Bank als unsozialstes, zynischstes und unpatriotischstes aller deutscher Unternehmen da. Die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti sieht sich gar zu einem Boykottaufruf genötigt und empfiehlt Deutsche-Bank-Kunden einen Wechsel zur örtlichen Sparkasse. Tolle Idee: Eine Firma zu schneiden, damit sie mehr Mitarbeiter beschäftigen muss, das ist wirklich eine abenteuerliche Vorstellung von Marktwirtschaft.

Unternehmen können ihrer Verantwortung für ihre Eigentümer, ihre Mitarbeiter und für die Gesellschaft nur gerecht werden, wenn sie Gewinne machen und Herr ihrer eigenen Entscheidungen bleiben. Um diese Entscheidungsfreiheit und gegen eine potenzielle Übernahme kämpft die Deutsche Bank zurzeit. Zu Recht kritisieren Aktionäre, Politiker und Gewerkschaften, dass Sparen allein für eine dauerhaft erfolgreiche Entwicklung nicht reicht. Zu Recht verlangen sie, dass Ackermann endlich den Vorwärtsgang für seine Bank finden muss. Und zu Recht weisen Analysten darauf hin, dass Firmen, die sich zu ihrer Verantwortung bekennen, auch am Aktienmarkt langfristig erfolgreicher sind als die, die den kurzfristigen Nutzen für die Aktionäre optimieren. Das aber hat mit Patriotismus überhaupt nichts zu tun. Sondern mit guter Unternehmensführung. Wer der Deutschen Bank mit Boykott droht, weil sie sich von den Investmentbankern trennen will, die sie im Börsenboom vor drei Jahren eingestellt hat, für die aber jetzt nichts zu tun ist, der hat das nicht verstanden.

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