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Steuer-CDs: Pose im Nebenkrieg

Die Justizministerin will den Kauf geklauter Steuerdaten unter Strafe stellen. Doch das wäre nicht nur in der Sache verfehlt, sondern auch taktisch unklug

Jeder muss selbst wissen, wie er seinen Ruf ruiniert. Auch dies gehört zur Eigenverantwortlichkeit, dem Kern des li-        beralen Prinzips. Entsprechend hat die sich einst als Jeanne d’Arc der Bürgerrechte feiern lassende Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einen „Nebenkriegsschauplatz“ (Wolfgang Schäuble) eröffnet und kämpft dort für ihre Idee, den Steuerdatenankauf durch deutsche Behörden strafbar zu machen.

Tapfer, redlich, rechtsstaatlich? Eher nichts davon. Das Abkommen mit der Schweiz, das Steuersünder gegen geringen Ablass salvieren soll, wird einen politischen Tod sterben. Die Opposition will es so und hat dafür ihre Ländermacht aktiviert. Sie hat erkannt, dass sich ein gewisser Fundamentalismus in dieser Frage bei den Wählern auszahlen kann, denen im Regelfall die Millionen fehlen, um sie hinterziehen zu können.

Ob der Widerstand auch sachlich gerechtfertigt und klug ist, erscheint ungewiss. Der Finanzminister hatte rausgeholt, was rauszuholen war. Wie die SPD, wenn sie mal den Kanzler stellt, den kleinen, aber potenten und höchst eigensinnigen Nachbarn niederringen will, wird man mit Interesse verfolgen.

Mit dem weiteren Ankauf von Steuerdaten macht man sich keine Freunde, so viel ist sicher. Und wenn der Schweiz dereinst die kriminellen Bankmitarbeiter ausgehen, die ihr Restleben nicht mit deutschen Fiskusmillionen unter falschem Namen in entlegenen Inselreichen verbringen wollen, ist auch dieses Druckmittel futsch.

Der Ministerin ist zuzugeben, der Ankauf gehört zu den rechtsstaatlich unfeinen Methoden. Aber die Guten paktieren öfter mit den Bösen, um Besseres zu erreichen. Auf diesem Prinzip fußt die Beobachtung der NPD, die Kronzeugenregelung sowie einiges an polizeilicher Praxis. Auch Hans Eichels Steueramnestie vor knapp zehn Jahren ließ Rechtsbrechern eine Milde widerfahren, die ehrlichen Durchschnittsverdienern unerklärlich blieb. In rechtlichen Grauzonen ereignet sich zudem manches, Sterbehilfe, neuerdings Knabenbeschneidungen und nach aktuellen Erkenntnissen auch ein Gutteil der Arbeit des Verfassungsschutzes.

Derzeit ist die Ankaufspraxis legal, wird vom Bundesverfassungsgericht wohlwollend betrachtet und von den Bürgern verstanden, die Recht und Unrecht übrigens durchaus unterscheiden können. Soweit kein Gericht das anders sieht, kann damit zunächst fortgefahren werden.

Leutheusser tritt jetzt an, diese Distinktionen zu verwischen. Sie hofft auf Beifall für ihre zur Schau gestellte Lauterkeit. Und sie möchte der SPD eine verpassen, weil die Idee für ein strafrechtliches Ankaufsverbot ohne die Länder auskäme, anders als das Schweiz-Abkommen. Kurz: Sie will zeigen, wo der Hammer hängt.

Nun, er hängt, wo er hängt, der Hammer. Da bleibt er. Der Vorstoß ist sachlich verfehlt, strategisch unklug und politisch ohne Mehrheit. Letztlich wusste das die Ministerin. Ihr ging es darum, mal wieder von sich reden zu machen. Auch wenn es nur ein Nebenkriegsschauplatz ist – Hauptsache, es kracht, donnert und die Pose stimmt.

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