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Uli Hoeneß ist lässig, er hat Sorry gesagt, das wars für ihn.

© dpa

Steuerfall Hoeneß: Die Macht des Verdachts darf nicht unter dem Teppich bleiben

Ist Uli Hoeneß auch ein Opfer von Medien und Ermittlern - so wie es im Fall von Ex-Bundespräsident Christian Wulff oft zu hören ist? Er hat sein soziales Gewissen gern öffentlich ausgestellt, jetzt muss er für sein öffentlich gesprochenes Wort auch privat einstehen.

Bei Uli Hoeneß ging es schneller als bei Christian Wulff. Meldeten sich in der Affäre um den Ex-Bundespräsidenten erst sehr spät Fürsprecher, so sprang dem Bayern-Manager bereits jetzt, kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe in Sachen Steuerhinterziehung, ein fachkundiges Schwergewicht zur Seite. Rudolf Mellinghoff, früher Verfassungsrichter und heute Präsident des Bundesfinanzhofs, betont den Wert der Unschuldsvermutung und rügt, im Fall Hoeneß liege wohl eine Verletzung des Steuergeheimnisses vor.

Man erschrickt. Von Wulff wird behauptet, beißwütige Strafverfolger quälten ihn mit nichtigen Beschuldigungen; jetzt also Hoeneß – auch ein von Medien und Ermittlern Zugrundegerichteter, gar selbst Opfer eine Straftat?

Hoeneß hat gern den braven Steuerbürger gegeben

So war es möglicherweise. Einer hat geplappert. Das kann strafbar sein. Sollten die Betreffenden auffliegen, würde ihnen zu Recht der Prozess gemacht. Trotzdem ist es das Zeichen einer ganz gesunden Demokratie, wenn der Verdacht auf eine Millionen-Steuerhinterziehung durch eine deutsche Fußballmanagergottlegendenikone nicht unter dem Teppich bleibt. Hoeneß hat sein soziales Gewissen gern ausgestellt und den braven Steuerbürger gegeben. Sollte tatsächlich ein strafbarer Verrat am Beginn der Dekonstruktion dieses Bildes gestanden haben, würde das die Prinzipien des Steuergeheimnisses nicht gleich ins Wanken bringen.

Hoeneß kann nicht verlangen, wie jeder andere behandelt zu werden. Als Triple-A-Kandidat im nationalen Promi-Rating gehört es zur Geschäftsgrundlage, für sein öffentlich gesprochenes Wort auch privat einstehen zu müssen. Umgekehrt entstünde Misstrauen, würde sein Fall geräuschlos erledigt, so rechtmäßig das auch sei. Man sollte erfahren dürfen, wenn es an den Stützen der Gesellschaft bröselt. Und Steuerhinterziehung ist, was als zivilisatorischer Fortschritt betrachtet werden darf, ein für den Täter insgesamt peinliches Delikt geworden.

Die Steuer unterfällt einem staatlich geschützten Geheimnis

Eine Gratwanderung bleibt es. Die Steuer und wie man die hinterzogene strafbefreiend nacherklärt, das unterfällt einem mit staatlichem Recht geschützten Geheimnis. Geht die Sache über in ein Strafverfahren, gewinnt damit aber auch die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse. Mellinghoff unterstreicht, die gesetzliche Unschuldsvermutung richte sich mehr denn je auch an die Medien. Das stimmt. Es darf niemand vorverurteilt werden. Andererseits hat jeder Verdacht eine Macht. Als aus der Wulff-Affäre ein Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft wurde, war der Rücktritt fällig.

Bei Hoeneß ist dergleichen nicht zu befürchten. Er ist lässig. Er hat Sorry gesagt, das war’s für ihn. Er geht Fußball gucken. Er stellt uns auf die Probe. Er ist der Ede aus „Edes Problem“ von Robert Gernhardt: „Ick hab da een Problem: / Ick sollte ma wat schäm. / Ick schäm ma aba nich – / wat hältste nu von mich?“

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