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Meinung: Strahlender Irrsinn

Der Weg zurück ins fossil-nukleare Zeitalter ist energiepolitisch falsch Von Aloys Wobben

In der aktuellen Diskussion um eine nachhaltige Energiepolitik wird das Augenmerk wieder verstärkt auf die nukleare Technologie gelegt, wohl vor allem vor dem Hintergrund ihrer CO2Neutralität.

Völlig unberücksichtigt bleiben jedoch die Risiken, die die Rückstände der nuklearen Stromerzeugung mit sich bringen. Die Entsorgung der mehr als 24000 Jahre strahlenden Abfälle ist ein halbes Jahrhundert nach Beginn des kommerziellen Einsatzes der Kernenergie weder hier noch anderswo auf der Welt geklärt. Der Nuklearbrennstoff Uran ist ähnlich erschöpflich wie die fossilen Energieträger Öl und Erdgas. Und die laufenden Atomkraftwerke werden älter, nicht sicherer. Sie länger zu betreiben, bewirkt neben Unsicherheit nur eins: Druckentlastung. Denn die Laufzeitverlängerung entlastet Stromwirtschaft und Politik von der Notwendigkeit, unser Energiesystem in Richtung Nachhaltigkeit zu entwickeln. Wer für den Weiterbetrieb des alternden Reaktorarsenals plädiert, verniedlicht die Risiken – und verdrängt die neuen. Ein schwerer Unfall oder ein terroristischer Anschlag würden schlagartig den Betrieb aller anderen Kernkraftwerke in Frage stellen. Das ist das exakte Gegenteil von Versorgungssicherheit. Auch wird sich die Vision eines CO2-freien Kohlekraftwerks – also die Vorstellung eines Kraftwerks, in dem Kohlendioxid, das Produkt der Kohleverbrennung, nicht länger Milliarden Tonnen schwer in die Atmosphäre entlassen, sondern irgendwo im tiefen Untergrund gelagert wird, als Illusion entpuppen. Falls sich diese Technik doch in einigen Jahrzehnten realisieren lässt, wird es bis dahin entscheidend kostengünstigere Möglichkeiten zur CO2-Reduktion geben. Deshalb bleibt es dabei: Wir werden den Weg weitergehen müssen, den wir in den vergangenen Jahren eingeschlagen haben. Wir werden Energie effizienter umwandeln und sparsamer nutzen müssen. Wir werden die erneuerbaren Energien mit Hochdruck weiterentwickeln müssen. Wir können hoffen, dass unser Wissens- und Technologievorsprung diesem Land hilft, seine Stellung in der Welt zu behaupten und auszubauen. Würde Deutschland als Vorreiter im Bereich erneuerbare Energien den Weg zurück in das fossil-nukleare Zeitalter beschreiten, wäre dies ein schlechtes Beispiel für andere Länder, die gerade damit begonnen haben, die Rahmenbedingungen zur Einführung erneuerbarer Energiequellen von Deutschland zu übernehmen. Die Energiewende muss global umgesetzt werden. Es geht um nachhaltige Energie – Energie für die Welt.

Der Autor ist Geschäftsführer des Windradherstellers „Enercon“.

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