zum Hauptinhalt

Streit um stabilen Euro: Bis nichts mehr übrig ist

In der Griechenlandkrise hat es über Monate hinweg nicht etwa zu wenig Informationen über Regelverstöße gegeben. Nein, es fehlten die Reaktionen darauf. Das erlaubt nur eine Schlussfolgerung: Geänderte EU-Verträge müssen schnelle Sanktionen gegen Stabilitätssünder möglich machen.

Warum versuchen Spekulanten rund um den Globus, den Euro und damit die europäische Gemeinschaft ins Wanken zu bringen? Warum setzen sie kaltschnäuzig auf den Zusammenbruch unseres Währungsraums, statt sich den Dollar oder das britische Pfund vorzunehmen? Deren fundamentale Wirtschaftsdaten sind doch viel schlechter als die der Gemeinschaftswährung: höhere Haushaltsdefizite, höhere Arbeitslosigkeit, höhere Inflation, eine deutlich weniger leistungsfähige Industrie. Dollar und Pfund, das wären doch die geborenen Opfer. Oder?

Nein. Es liegt wohl nicht (nur) an den angelsächsisch dominierten Ratingagenturen und einem genauso egoistischen wie nachvollziehbaren Interesse der britischen wie der US-amerikanischen Politik, die Pfeile in eine andere Richtung zu lenken. Es hängt vor allem mit der europäischen Uneinigkeit zusammen, dass der Euro zur Zielscheibe wurde. Und wenn die Europäer dann, um den möglichen eigenen Schaden bei der Stützung Griechenlands geringer zu halten, auch noch den Internationalen Währungsfonds um Hilfe bitten, dürfen sie sich nicht wundern, dass es in dem unter starkem amerikanischen Einfluss stehenden IWF Stimmen des Protestes gibt. Haben US-Politiker nicht recht, die sich fragen, warum mit amerikanischem Steuergeld europäische Stabilitätsschlampereien ausgebügelt werden sollen?

Heute beschließt der Bundestag über den deutschen Anteil am 750-Milliarden-Rettungspaket für den Euro. Im März noch hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble gewarnt, den IWF um Hilfe gegen das Malheur in der Euro-Zone zu bitten. Er forderte stattdessen, die Reparaturmaßnahmen einem europäischen Währungsfonds zu übertragen, konnte sich aber nicht durchsetzen. Nun stehen die Euro-Länder vor einem Dilemma: Einerseits drohen im IWF Proteste gegen die Stützungsmaßnahmen, andererseits verlangt er von der Regierung in Athen so harte Sparmaßnahmen, dass ein Zusammenbruch der griechischen Volkswirtschaft folgen könnte. Die Deutschen haben 1932 erlebt, wie eine solche Politik in Massenarbeitslosigkeit und politische Radikalisierung führen kann.

Die Erkenntnis, dass Uneinigkeit und fahrlässige Haushaltspolitik den Euro geschwächt haben, müsste also zum sofortigen Umsteuern führen. Dazu gehören eine abgestimmte Wirtschafts- und Haushaltspolitik in der Euro-Zone und eine strikte Respektierung der Defizitregeln gerade durch die großen Nationen wie Frankreich und Deutschland. Beide müssen Vorbilder an Stabilität sein und dürfen sich gerade nicht, wie 2003 geschehen, überheblich den Euro-Kriterien entziehen. Ob der deutsche Alleingang bei den Sanktionen gegen Spekulationsgeschäfte wirklich falsch und nicht viel eher beispielgebend war, wird man erst in einigen Tagen sehen.

In der Griechenlandkrise hat es über Monate hinweg nicht etwa zu wenig Informationen über Regelverstöße gegeben. Nein, es fehlten die Reaktionen darauf. Das erlaubt nur eine Schlussfolgerung: Geänderte EU-Verträge müssen schnelle Sanktionen gegen Stabilitätssünder möglich machen. Ein zeitweiliger Ausschluss vom Stimmrecht in den Gremien, wie es der Kanzlerin vorschwebt, ist unrealistisch. Eine sofortige Sperrung von Subventionen wäre wirkungsvoller.

Über dies und anderes kann Europa Wochen streiten, bis nichts mehr übrig ist. Besser nicht. Die alte EU-Masche „Am Ende kleistert ein Kompromiss alles zusammen“ reicht nämlich nicht mehr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false