zum Hauptinhalt

Meinung: Streiten bis zum Krieg

Der US-Kongress debattiert – aber alle wollen Saddams Sturz

Von Malte Lehming

Eine Prognose zu Beginn: Wahrscheinlich schon in der kommenden Woche wird der amerikanische Kongress mit großer Mehrheit den Präsidenten autorisieren, Krieg gegen den Irak zu führen. Über den genauen Wortlaut der Resolution wird zwischen Demokraten und Republikanern noch verhandelt, dass sie verabschiedet wird, steht fest. Manchen Europäer mag das verwundern. Tobt nicht in den USA seit Neuestem eine heftige Debatte über die Irak-Politik von George W. Bush? Weht ihm nicht endlich auch daheim der Wind etwas kräftiger um die Ohren? Stellen sich nicht führende Demokraten, von Ex-Präsident Jimmy Carter bis Ex-Vizepräsident Al Gore, offen gegen die Regierung? Das alles stimmt – und führt trotzdem in die Irre. Vor Schadenfreude sei gewarnt: Amerika debattiert zwar, aber anders, als es scheint.

Kein Abgeordneter des gesamten US-Kongresses teilt die bisherige Linie der Bundesregierung – gegen einen Irak-Krieg selbst mit UN-Mandat. Und kein einziger Bundestagsabgeordneter teilt die Linie der Bush-Regierung – zur Not alleine und ohne neues Mandat, mit dem Ziel, den Diktator zu stürzen. Das zeigt, dass trotz aller Debatten diesseits und jenseits des Atlantiks die Unterschiede in der Einstellung überwiegen.

Abgesehen von einigen Elder Statesmen, Künstlern und Intellektuellen, die zwar laut, aber ohne Macht sind, beschränkt sich die politische Gegnerschaft in den USA auf Fragen des Wie, Mit-wem und Wann. Fundamental äußern sich die Kritiker dort nicht.

Das hat seinen Grund. Wie der Teufel das Weihwasser fürchten die oppositionellen Demokraten den Vorwurf, in Sachen Sicherheit unsicher zu sein. Noch immer tragen die Amerikaner ihnen nach, dass sie sich beim ersten Golfkrieg falsch entschieden hätten: Eine Mehrheit der Demokraten lehnte damals die Intervention ab. Außerdem war es doch eine von den Demokraten geführte Regierung, die vor vier Jahren den Sturz Saddam Husseins per Gesetz vorschrieb. Unter Bill Clinton wurde im Oktober 1998 der „Iraq Liberation Act“ verabschiedet. Seitdem ist die Herbeiführung eines Regierungswechsels in Bagdad offizielle amerikanische Politik. „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie Saddam Hussein sein Arsenal an nuklearen, chemischen und biologischen Waffen wieder aufbaut“, sagte Clinton damals.

Die Bush-Regierung reklamiert für sich, diesen Worten auch Taten folgen lassen zu wollen. Die parlamentarische Opposition wird das nicht verhindern – trotz der Debatten im amerikanischen Kongress.

NAME

Zur Startseite