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Südafrika: Die große Geduld der Wähler

Wie bei allen Wahlen seit dem Ende der Apartheid ähnelt das Resultat am Kap auch diesmal einem ethnischen Zensus. Südafrika ist damit noch längst keine normale Demokratie im westlichen Sinne.

Einmal mehr hat der Afrikanische Nationalkongress (ANC) die Wahlen in Südafrika klar gewonnen; allerdings nicht wie die letzten beiden Male mit einer Zweidrittelmehrheit, die es ihm erlauben würde, die Verfassung im Alleingang zu ändern. Wie bei allen Wahlen seit dem Ende der Apartheid ähnelt das Resultat am Kap auch diesmal einem ethnischen Zensus: Die überwältigende Mehrheit der Schwarzen hat für den ANC gestimmt, der noch immer von seiner Aura als Befreiungsorganisation zehrt.

Südafrika ist damit noch längst keine normale Demokratie im westlichen Sinne – und wird es wohl auch lange nicht sein. Sichtbar wird dies zum einen an der schwachen Qualität der politischen Debatte. Mehr noch aber daran, dass die Geduld der Wähler in Afrika mit den eigenen Machthabern selbst bei schwersten Versäumnissen deutlich größer ist als anderswo. So sterben jedes Jahr etwa 300 000 Südafrikaner an Aids. Die Regierung hat das Thema lange ignoriert und kaum etwas gegen die Ausbreitung der Krankheit unternommen. Und die Arbeitslosigkeit, die bei rund 30 Prozent liegt, ist inzwischen strukturell im System verankert, weil der ANC sich vehement gegen eine Lockerung der rigiden Arbeitsgesetze zur Wehr setzt.

Auch der künftige Präsident Jacob Zuma scheint aus der Tatsache, dass er der Führer eines faktischen Einparteienstaates sein wird, einen unzulässigen Besitzanspruch auf den ganzen südafrikanschen Staat abzuleiten. Vieles deutet darauf hin, dass der ANC die Macht unverdünnt haben will. Andererseits hat Südafrika gerade Zuma einiges zu verdanken – vor allem den Freiraum, den er der Zivilgesellschaft mit seinem Kampf gegen seinen Vorgänger Thabo Mbeki verschafft hat. Einiges wird davon abhängen, ob sich Zuma mit kompetenten Beratern umgibt oder sich wie Mbeki in erster Linie auf loyale Gefolgsleute verlässt. Sicher ist jedoch, dass die Wahl Zumas einen Schlussstrich unter die desaströse Präsidentschaft von Mbeki zieht, der vor allem politisch einen Scherbenhaufen hinterlässt.

Bei allen Vorbehalten gibt es somit auch Chancen: Eine liegt in der Fußballweltmeisterschaft, die nächstes Jahr am Kap ausgetragen wird. Sie hat nicht nur dafür gesorgt, dass der Staat frühzeitig Milliardensummen in die Infrastruktur gepumpt und damit eine tiefe Wirtschaftskrise abgewendet hat. Wichtiger noch ist, dass die WM dazu beitragen kann, dass das Interesse an Südafrika nicht gleich wieder erlischt und dass auch der Westen den Machthabern am Kap genau auf Finger schaut. Für Südafrikas gefährdete junge Demokratie wäre das sicherlich kein Nachteil.

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