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Südafrika: Zumas letzte Chance

Südafrika wählt einen neuen Präsidenten. Die Liste der Vorwürfe gegen Jakob Zuma ist lang – doch nicht alles an ihm ist schlecht. Er könnte Mandelas Versöhnungspolitik neu beleben.

Wer in Südafrika politisch Farbe bekennt, macht sich selten Freunde. Noch unkluger ist es, einen Mann in Schutz zu nehmen, der das Land seit Jahren wie kein anderer polarisiert – und der dennoch an diesem Mittwoch mit großer Mehrheit zu seinem neuen Präsidenten gewählt werden wird, Jacob Zuma. Die Liste der Vorwürfe gegen ihn ist lang: dass er korrupt sei und fünf Frauen hat, dass er das Aids-Virus für etwas hält, dessen man sich unter der Dusche entledigen kann, dass er politisch auf Gewerkschaften und Kommunisten baut und als Volkstribun die Menschen verführe. Zuma schürt die Emotionen.

Dabei müssten vor allem die Weißen, die sich vor Zuma fürchten, aber auch die verunsicherte Geschäftswelt eigentlich darauf hoffen, dass der 67-Jährige weder so inkompetent noch so gefährlich ist, wie ihn die Medien oft darstellen. Auch viele Beobachter im Westen haben sich durch ihre Fundamentalkritik an Zuma inzwischen in eine Ecke manövriert, aus der sie nur noch schwer herausfinden.

Sie scheinen vergessen zu haben, wie schnell einst Simbabwes Diktator Robert Mugabe oder Südafrikas Ex-Präsident Thabo Mbeki zu Lichtgestalten erhoben wurden und wie kläglich beide am Ende versagten. Während Mugabe sein Land in 30 Jahren komplett ruiniert hat, hinterlässt Mbeki nach nur zehn Jahren einen schwachen Staat und eine korrupte Partei.

Dass Zuma nach seiner Entlassung als Vizepräsident überhaupt ein solch sensationelles Comeback feiern konnte, hat Mbeki sich selbst zuzuschreiben: Mit seiner Arroganz und Rachsucht brachte der im letzten September geschasste Präsident nicht nur weite Teile seines ANC gegen sich auf, sondern manipulierte zudem die staatlichen Institutionen, um seine parteiinternen Gegenspieler auszuschalten. Kein Wunder, dass es Zuma am Ende leichtfiel, sich den vielen anderen Mbeki-Opfern als Alternative zu präsentieren.

Zuma hat Schwächen. Besorgniserregend ist vor allem sein jüngster Angriff auf das Verfassungsgericht, das er für seinen „gottähnlichen“ Status im Staat kritisierte und womöglich „umgestalten“ will. Besonders hier gilt es, Zuma mit Argusaugen zu beobachten. Bei allen Vorbehalten sollte jedoch nicht vergessen werden, dass er es war, der sich Mbekis totalem Machtanspruch mutig widersetzte – und damit Südafrikas geknebelter Zivilgesellschaft neuen Freiraum verschaffte. Darüber hinaus ist Zuma ein Politiker mit einem hohen Maß an emotionaler Intelligenz. Noch wichtiger ist, dass er seine Grenzen kennt. Anders als Mbeki wird er nicht alles dominieren wollen, sondern eher wie Nelson Mandela im Team agieren.

Vor allem aber ist Zuma kein Spalter. Man spürt bei ihm, dass er Menschen jedweder Hautfarbe mag – und dass sie ihn mögen. Dies könnte ihm helfen, Mandelas Versöhnungspolitik neu zu beleben. Und er ist gezwungen, die enorme Skepsis, die ihm dabei entgegenschlägt, zu widerlegen. Für Südafrika könnte sich dies als unschätzbarer Vorteil erweisen.

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