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Das syrische Regime wird verdächtigt, in Städten wie Homs (Bild) Chemiewaffen eingesetzt zu haben.

© afp

Syrien: Assads Chemiewaffen müssen zerstört werden

Der Westen muss sich entscheiden: Er sollte in einem gezielten Einsatz die Chemiewaffen des syrischen Regimes unschädlich machen. Sonst könnten sie in die Hände von Terroristen gelangen. Für einen längeren Einsatz der Nato sind die Gefahren allerdings zu groß.

Von Frank Jansen

Sarin ist einer der grässlichsten Kampfstoffe überhaupt. Als die Luftwaffe des irakischen Diktators Saddam Hussein 1988 die von Kurden bewohnte Stadt Halabdscha mit Sarin angriff, starben 5000 Menschen einen qualvollen Tod, 10 000 erlitten schwere Verletzungen. Solche Bilder sind nun auch im syrischen Bürgerkrieg zu befürchten. Obwohl nicht bewiesen ist, dass Assads Armee in Aleppo Sarin eingesetzt hat, wird die von den Chemiewaffen des Regimes ausgehende Gefahr täglich größer.

Nicht nur, weil dem Herrscher und seiner Clique angesichts der bereits bewiesenen Brutalität durchaus zuzutrauen ist, Rebellen und Zivilisten mit Giftstoffen zu attackieren. Die Gefahr würde auf einen Schlag auch internationale Ausmaße annehmen, sollten die in Syrien kämpfenden sunnitischen Terroristen der Al Qaida oder die mit Assad verbündeten Terrortrupps der schiitisch-libanesischen Hisbollah an die Stoffe herankommen. Darauf kann und darf der Westen nicht warten.

Es ist höchste Zeit, dass die USA, gemeinsam mit der Türkei und anderen Nato-Verbündeten sowie mit Israel und auch Jordanien zusammen eine Kommandoaktion einleiten, um so viel wie möglich der etwa 1000 Tonnen Chemiekampfstoffe in Syrien aufzuspüren und zu zerstören. Nötig wäre wohl eine Kombination aus Luftangriffen und einem Einsatz von Luftlandetruppen und Spezialeinheiten.

Das Giftgasrisiko muss präventiv und drastisch verringert werden. Chemiewaffen in der Hand eines Diktators, siehe Saddam Hussein, das allein ist schon schrecklich. Aber Sarin und andere Gifte im Arsenal von Terroristen – dann wäre nicht mehr auszuschließen, dass beim nächsten Anschlag, sei es in Boston, New York, London, Tel Aviv oder auch Berlin, ganze Stadtteile verseucht werden. Die Folgen möchte man sich nicht ausmalen.

Andere Optionen als ein Militärschlag gegen Assads Kampfstoff-Fabriken und -bunker sind kaum zu erkennen. Dass Syrien sich wieder stabilisiert und gar ein friedliches, demokratisches Land wird, erscheint illusionär, diese Sicht ist gefährlich naiv. Vielmehr zeichnet sich ab, dass Syrien in einen Albtraum gleitet, wie ihn das Nachbarland Libanon durchgemacht hat. Dort wurde von 1975 bis 1990 gekämpft, in allen denkbaren und auch einst als undenkbar geltenden Konstellationen. Bis heute hat sich der Libanon von 15 Jahren Bürgerkrieg nicht erholt. Die Hisbollah bleibt mit Tausenden von Kämpfern ein Staat im Staate und eine permanente Bedrohung der Sicherheit des nördlichen Israel. Darüber hinaus ist die vom Iran hochgerüstete Schiitenmiliz zu einem Terrorismus fähig, der das Potenzial von Al Qaida übertrifft.

Wie einst der Libanon zerfällt Syrien in ethnisch-religiöse Fragmente, in von Warlords und Extremisten beherrschte Regionen. Eine militärische Intervention des Westens, die dem Land auch Frieden brächte, ist kaum vorstellbar. Die Libanisierung des syrischen Bürgerkrieges scheint nicht zu stoppen. Schlimm genug, dass der Westen zuschauen muss. Aber er kann es nicht hinnehmen, dass seine Sicherheit, und damit ist explizit auch die des Staates Israel gemeint, durch im Bürgerkrieg „frei“ werdende Massenvernichtungswaffen gefährdet wird.

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