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Unbekannte verübten am Samstag in der syrischen Hauptstadt Damaskus Anschläge auf Gebäude der Sicherheitskräfte, 27 Menschen kamen ums Leben.

© dpa

Syrien: Pionierland für Terroristen

Bei Bombenanschlägen in Damaskus sind 27 Menschen ums Leben gekommen. Wer dahinter steht, ist unsicher. Fest steht aber: In Syrien ist die Gefahr groß, dass Al Qaida sich einmischt – auch ohne westliche Intervention.

Die Bilder und Nachrichten ähneln denen, die wir jahrelang aus dem Irak bekamen: Bombenanschläge auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Doch diesmal sprechen wir von Syrien, einem Polizei- und Geheimdienststaat, der bis zum Ausbruch der Aufstände vor einem Jahr jahrzehntelang für Friedhofsruhe gesorgt hatte. Ist Syrien damit der neue Irak, der nach dem Ende des Regimes von Saddam Hussein in einen Bürgerkrieg stürzte, in dem einheimische Al-Qaida-Gruppen kräftig mitmischten?

Nicht ganz. Wir wissen nicht, wer hinter den Anschlägen von Damaskus steht. Sie könnten zu Al Qaida passen. Die Terroristen nutzen jede Chance, Länder zu destabilisieren, um sich einzunisten. Die Führung der sunnitischen Terrororganisation hat die Syrer zum Sturz Assads aufgerufen, der Vertreter der verhassten schiitischen Minderheit der Aleviten und Herrscher einer Republik ohne religiösen Anstrich ist. Im Irak hat sich Al Qaida aber vor allem mit Massakern an Schiiten und Anschlägen auf deren heilige Orte hervorgetan. Das ist in Syrien nicht der Fall.

Sicher aber ist: Al Qaida hat bisher vergeblich versucht, aus den Aufständen in der arabischen Welt Profit zu ziehen. Die Terroristen sind abgeblitzt in Tunesien und Ägypten, ethnisch sehr homogenen Gesellschaften, in denen durch den Regimewechsel kein echtes Machtvakuum entstanden ist. In Libyen mit seinen Stämmen und einheimischen Milizen haben sie auch keinen Fuß an Deck bekommen. Im Jemen, wo die Regierung über weite Landesteile keine Kontrolle hat, sind sie seit langem vertreten.

Ihr eigentliches Operationsgebiet in der arabischen Welt aber war und ist der Irak, der eine lange Grenze zu Syrien hat. Beide Länder verbindet ein Mosaik von religiösen und ethnischen Gruppen. Sie sind damit instabiler als Ägypten oder Tunesien. Assad kann seine Elitetruppen (auf die anderen ist nicht genug Verlass) nicht überall gleichzeitig einsetzen. Wenn er wochenlang Homs belagert, jetzt Idlib, ist kein Personal mehr da zur Grenzsicherung. Daher ist die Gefahr riesig, dass Anhänger Al Qaidas versuchen, sich in Syrien einzumischen.

Eigentlich müsst der Westen Baschar al Assad jetzt helfen, diese Grenze besser zu sichern, so wie Syrien nach der US-Invasion des Iraks 2003 anfangs mit den Amerikanern kooperiert hat, um zu verhindern, dass Kämpfer und Waffen von Syrien nach Irak gelangen. Das ist ausgeschlossen, solange er seine Bürger totschießen lässt. Stattdessen macht Saudi-Arabien angeblich ernst und sendet Waffen über Jordanien an die syrischen Rebellen.  Assad wiederum erhält Nachschub aus Russland. Der Westen will aus guten Gründen nicht militärisch eingreifen. Aber die desaströse Entwicklung, die er durch eine militärische Intervention fürchtet, scheint auch ohne sein Tun langsam einzutreten.

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