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In der zerstörten Stadt Homs hissen Soldaten die syrische Fahne, nachdem die Rebellen abgezogen sind.

© AFP

Syrien und die internationale Gemeinschaft: Der vergessene Krieg

Der Fall der syrischen Stadt Homs zeigt: Für Syrien und den Aufstand dort interessiert sich die Weltgemeinschaft nicht mehr. Die Bilder vom Wahnsinn dieses Krieges verblassen von Tag zu Tag. Das Verdrängen hat viele Gründe.

Sie hatten es geschworen. Bis zum Tod wollten die Rebellen-Milizen in und damit um Homs kämpfen. Schließlich galt es, die "Hauptstadt der Revolution" gegen das verhasste Regime von Baschar al Assad zu verteidigen. Doch jetzt mussten die Kämpfer - so ausgehungert wie frustriert - aufgeben und den Regierungstruppen das Feld überlassen. Nach 700 Tagen Belagerung verließen die ersten Busse am Mittwoch die weitgehend zerstörte Altstadt in Richtung Norden.

Eine symbolträchtige Niederlage gegen den Despoten in Damaskus. Denn sie zeigt in aller drastischen Deutlichkeit: Für Syrien und den Aufstand dort interessiert sich die Weltgemeinschaft keinen Deut mehr. Das Sterben der Menschen, das Leid von Millionen, die Not der Flüchtlinge, ihr zerstörtes Leben in einem zerstörten Land - all das spielt auf der großen Bühne der Diplomatie keine Rolle mehr. Die Bilder vom Wahnsinn dieses Krieges verblassen von Tag zu Tag. Ja, sie fallen dem allzu bequemen Vergessen anheim.

Das Wegsehen, das Wegducken, das Verdrängen hat viele Gründe. Einer ist sicherlich, dass der Konflikt politisch inzwischen als unlösbar gilt. Die Verhandlungen in Genf Anfang des Jahres haben die Unvereinbarkeit der Positionen hinlänglich deutlich gemacht. Und militärisch ist trotz der Einnahme von Homs keineswegs ausgemacht, dass das Regime jemals wieder Kontrolle über das ganze Land bekommt. Im Norden und Osten sind längst eigenständige Gebilde entstanden, die sich jedem Zentralismus verweigern. Auch Fassbomben, und seien sie sogar mit Chlorgas gefüllt, werden daran nichts ändern.

Furcht vor Islamisten in Syrien ist groß 

Hinzu kommt: In Syrien gewinnen Dschihadisten immer mehr an Einfluss. Die "Gotteskrieger" sind für ihren Kampf gegen die "Ungläubigen" gut gerüstet - sowohl militärisch als auch ideologisch. Und ihre Stärke jagt dem Westen großen Schrecken ein. Die Furcht vor den Islamisten ist so groß, dass viele Assad für das kleinere Übel halten und ihn deshalb gewähren lassen. Doch eine Macht ängstigt den Westen noch mehr als Al Qaida und Co. - Russland.

Die Krise in der Ukraine und Putins zahlreiche Machtdemonstrationen haben Spuren hinterlassen. Die Rückkehr des Kalten Krieges, der sogar womöglich das Zeug hat, zu einem heißen zu werden, lässt andere Unruheherde in den Hintergrund treten. Und was der Westen immer ahnte, glaubt er nun ganz sicher zu wissen: Der Kreml setzt auf Machtpolitik. Im Klartext bedeutet das, ohne dessen Einwilligung ist kein Konflikt zu lösen. Auch der in Syrien nicht. Und dort setzt Moskau unbeirrt auf Assad, hält ihn an der Macht. Den Diktator stürzen zu wollen, hieße womöglich, sich mit Putin anzulegen. Davor aber scheuen Berlin, Paris, Brüssel und London zurück. Das Gleiche gilt für Washington.

Die Region könnte vor einem Umbruch stehen 

Ohnehin steht die ganze Region des Mittleren und Nahen Ostens womöglich vor einem Umbruch. Die Atomgespräche mit dem Iran könnten im Falle eines Erfolgs die Rolle der Islamischen Republik nochmals stärken. Und die Mullahs setzen mit aller Kraft auf den Machterhalt von Assad. Schließlich geht es ihnen um einen viel wichtigeren Kampf: den gegen Saudi-Arabien.

All das macht die Lage für die unter dem Bürgerkrieg leidenden Syrer auf absehbare Zeit ausweglos und damit hoffnungslos. Das Gemetzel geht weiter. Und der Westen schaut bestenfalls kopfschüttelnd zu, wenn überhaupt. Wie gehabt. Die traumatisierten Menschen werden aus ihrer Enttäuschung über diese Teilnahmslosigkeit keinen Hehl machen. Zu Recht. Denn das Sterben geht einfach weiter. In Homs und an vielen anderen Orten in diesem geschundenen, vergessenen Land.

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