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Meinung: Tarifrecht: Grüner Tarif

Grün muss nicht nur Öko bedeuten, in der Tat. Rezzo Schlauch, der Fraktionsvorsitzende, und Fritz Kuhn, der Parteivorsitzende, vertreten diese Meinung auch schon länger: Als die Macht greifbar war, wurde am Rande einer Bundesdelegiertenkonferenz debattiert, wie sich die Grünen an der Seite der SPD (damals noch mit Lafontaine) profilieren könnten - als Hüterin finanzpolitischer Solidität und als konsequente Reformerin auf sozialpolitischem Gebiet.

Grün muss nicht nur Öko bedeuten, in der Tat. Rezzo Schlauch, der Fraktionsvorsitzende, und Fritz Kuhn, der Parteivorsitzende, vertreten diese Meinung auch schon länger: Als die Macht greifbar war, wurde am Rande einer Bundesdelegiertenkonferenz debattiert, wie sich die Grünen an der Seite der SPD (damals noch mit Lafontaine) profilieren könnten - als Hüterin finanzpolitischer Solidität und als konsequente Reformerin auf sozialpolitischem Gebiet. So gelesen wird verständlich, was Schlauch jetzt mit seinem Vorstoß zur Zahlung von Löhnen und Gehältern unter Tarif bezweckt hat, nämlich eine Öffnung für andere Wähler und die Profilierung auf weiteren Feldern.

Das wird seine Zeit brauchen. Noch handelt es sich um eine Scheindiskussion, die jetzt von den Grünen (früher von der CDU) angeführt wird. Noch ist diese Diskussion inhaltlich nicht bedeutend vorangekommen. Noch sperren sich SPD und Gewerkschaften, Seit an Seit, wie Arbeitsminister Walter Riester klar gemacht hat, der vorher Tarifpolitiker bei der IG Metall war. Und wie Bundeskanzler Gerhard Schröder offiziell erklären lässt. Was bedeutet, dass es kurzfristig, in dieser Legislaturperiode, keine Änderung geben wird. Schwierig ist das ohnedies, weil es sich hier um traditionelle Tarifpolitik handelt, in der nach bisheriger Lesart die Politik nichts verloren hat. Als Kanzler Kohl den Tarifparteien seinerzeit Mäßigung bei den Lohnabschlüssen anriet, wurde er für einen Eingriff in die Tarifautonomie gerügt. Richtig ist: Es galt und gilt die Hoheit der Tarifpartner. Aber dem Gesetzgeber ist es unbenommen, sich Gedanken zu machen, wie sehr er Verbände und Gewerkschaften bei der Lohnfindung privilegieren will. Wer das tut, der muss sich logischerweise auf harten Widerstand gefasst machen.

Der Widerstand ist auch schon organisiert, und er macht - zu Recht - auf diesen Punkt aufmerksam: Als Reaktion auf massive Unzufriedenheit von Metall-Arbeitgebern mit dem Flächentarifvertrag wurden vor Jahren Öffnungsklauseln verabredet, um ihn zu retten. Sie ermöglichen es unter Auflagen, dass Arbeitnehmer und Unternehmer untertarifliche Entlohnung vereinbaren, wenn das hilft, Jobs zu retten. Die Konjunktur richtet nicht alles. In kleineren Firmen in West und Ost hat es zwischen Leitung und Betriebsrat im Stillen längst Einigungen auf Bezahlung unter Tarif gegeben. Deshalb darf das Nachdenken darüber, ob hier Grauzonen entstehen, wo geregelte Verfahren besser wären, nicht zum Tabu erklärt werden. Und man beachte, wer diesen Hinweis jetzt gegeben hat: die sozial-politische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Thea Dückert.

Lange hat sich die Spitze der Grünen nicht vorgewagt. Sie hatte sich Zurückhaltung auferlegt, um Stammwähler nicht zu verschrecken. Jetzt aber, nach der Hälfte der Legislaturperiode im Bund, müssen sie mutiger werden. Zwangsläufig. Denn es muss eine Agenda mit verschiedenen Themen geben, für die Grün steht, wenn Rot-Grün wiedergewählt werden will.

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