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Taylor-Anwalt Courtenay Griffiths: "Ich bin ein Streetfighter"

Er stammt, so sagt er, aus der damals einzigen schwarzen Familie im englischen Coventry. Seine Mandanten sind Vergewaltiger, Messerstecher und Terroristen. Nun hat er den Warlord Charles Taylor verteidigt.

Von Julia Prosinger

Courtenay Griffiths hat gute Laune, obwohl sein Mandant vielleicht lebenslang ins Gefängnis muss. Griffiths, 56, ist es nicht anders gewohnt. In England gilt der Anwalt als Mann für aussichtslose Fälle. Sein letzter Mandant hat alte Frauen vergewaltigt, davor hat er Terroristen und Messerstecher verteidigt.

Am heutigen Mittwoch entscheiden die Richter am Sondergerichtshof für Sierra Leone, wie viele Jahre Griffiths’ berühmtester Mandant, Charles Taylor, in einem britischen Gefängnis verbringen muss. Ende April hatten sie ihn in elf Anklagepunkten schuldig gesprochen. Es war das erste Mal nach den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, dass ein ehemaliger Staatschef verurteilt wurde. Aber Griffiths geht es um mehr: „Anwalt sein ist eine darstellende Kunst.“ Der Gerichtssaal ist seine Bühne, der Text häufig sein eigener Lebenslauf: Griffiths wurde in Jamaika geboren und wuchs mit acht Geschwistern im englischen Coventry auf, als einzige schwarze Familie, wie er gern erzählt. Erst hätten die Nachbarn ihn angefasst, weil das Glück bringen sollte, später sei er von der Polizei verprügelt worden. So wurde er Strafverteidiger. „Jurys mögen mich“, sagt Griffiths, weil er die Lebenswelt seiner Mandanten in den Gerichtsaal übersetzt. Heute trägt Griffiths Siegelring, spricht vornehmes Englisch und bereut, dass er nicht in Cambridge studiert hat. Geblieben ist seine Wut auf den Staat: Die Kanzlei, bei der er arbeitet, macht es sich zum Prinzip, Benachteiligte zu verteidigen.

Für Griffiths ist Taylor so einer. Während des Prozesses hatte er den Richtern vorgeworfen, sich als Instrumente des Neokolonialismus missbrauchen zu lassen. „Hätten wir in meinem Londoner Strafgericht verhandelt, ich hätte locker gewonnen. Aber das hier ist ein politisches Gericht“, sagt Griffiths.

Letztlich sprachen die Richter Taylor nur eine indirekte Verantwortung zu: Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, weil er verschiedene Rebellengruppen in Sierra Leones Bürgerkrieg unterstützt hatte. Weder galt Taylor den Richtern als hauptsächlich verantwortlich noch als Mitglied eines verbrecherischen Unternehmens. Juristen sehen darin einen gigantischen Sieg für Griffiths, der die wichtigsten Zeugen der Anklage im Kreuzverhör unglaubwürdig aussehen ließ.

Die Anklage hat 80 Jahre für Taylor gefordert, das wäre lebenslänglich. Alles darunter wird Griffiths als Sieg werten.

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