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Was nun, Herr Wowereit? Auch auf die Entscheidung gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes hat der Regierende Bürgermeister von Berlin mal wieder gelassen reagiert. Das reicht nicht mehr.

© dpa

Tempelhofer Feld, Wohnungsmangel, BER: Herr Wowereit, Berlin braucht Entscheidungen!

Klaus Wowereit hat gelassen auf die Schlappe beim Volksentscheid zum Tempelhofer Feld reagiert. Das passt zwar zu Berlin, der Stadtentwicklung aber schadet die politische Lustlosigkeit.

Gelassen mit den Schultern zuckend, hat der Regierende Bürgermeister den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld kommentiert. Genauso gelassen geht Klaus Wowereit mit dem Korruptionsvorwurf gegen einen leitenden Reparateur des Leider-noch-nicht-ganz-fertig-Flughafens BER um. Gelassenheit steht dem Metropolenbewohner generell gut, doch kann man darüber streiten, ob sie zu den Primärtugenden eines führenden Politikers gehören sollte, der gerade wieder deutlich vorgeführt bekommen hat, was in seiner Stadt nicht so gut läuft.

„Gestalten statt Stillstand“: Mit diesem Spruch waren Wowereit, sein Stadtentwicklungssenator Michael Müller und SPD-Landesvormann Jan Stöß durch den Wahlkampf geholpert, der eben auch ein Wahlkampf um die SPD-Zukunftspläne mit dieser Stadt gewesen ist. Kurz nach der Düpierung vom Sonntag konnte man dann lesen, dass in Berlin Platz für 220.000 neuen Wohnungen wäre – und dass mit Behördenstreitereien über Bebauungspläne und wegen akuten Personalmangels Jahre verplempert werden, in denen gebaut werden könnte, Jahre, in denen viele Leute nach Berlin ziehen, die hier arbeiten und ihre Steuern zahlen wollen. Da stellt sich schon die Frage, wer gestaltet – und wer still stehen will.

Politisch verursachter Wohnungsmangel

Unfair wäre es, Wowereit vorzuwerfen, dass den Behörden das Personal in den Bau- und Stadtplanungsämtern fehlt. Als der Regierende noch Pläne hatte, da haben ihn viele für die Entschiedenheit einer Sparpolitik bewundert, die er mit dem heute eher als Talkshow-Bösewicht bekannten Tabubrecher Thilo Sarrazin durchsetzte. Damals ging es eben auch gegen den übergewichtigen Berliner Personal-Corpus – was sich heute, da wieder mehr Mitarbeiter in manchen Behörden gebraucht werden, als personelle Mangelerscheinung bemerkbar macht.

Nach dem Tempelhof-Entscheid fehlen in Berlin also andernorts noch 4.700 Wohnungen mehr – wobei man den Eindruck nicht los wird, der Mangel sei politisch verursacht. Personalmangel hin, Behördengrabenkriege her – es ist Zeit für ein paar Impulse und Entscheidungen. Im Wahlkampf 2011 gab es Überlegungen, die Berliner Bauordnung zu überholen. Davon redet keiner mehr. In früheren Großprojekt-Krisenzeiten, etwa bei den Streitereien zwischen dem Senat und dem Bezirksamt Friedrichshain- Kreuzberg über Mediaspree, war die politische Führung Berlins nicht schüchtern: Man wollte die Entwicklung an der Spree – man zog die Kompetenzen an sich.

Berliner Politik braucht neue Ideen

So fallen heute vor allem das Fehlen von Impulsen und eine politische Lustlosigkeit auf. Das Zubauen der Tempelhofer Freiheit war den Stadtentwicklern so wichtig, weil man über das Gelände scheinbar frei verfügen konnte. Kein Ärger zwischen dem Finanz- und dem Stadtentwicklungssenator über das, was Immobilienverkäufe oder -überlassungen bringen sollen; kein Gezerre, ob man auf Kosten der Landesfinanzen sozialen Wohnungsbau mache sollte.

So scheinbar unkompliziert wird es nicht werden, wenn nun Brachen bebaut werden und dafür das Tempelhofer Feld frei bleibt. Also müsste man mal neu nachdenken – auch darüber, wie man Leistungen privatisiert, wenn man die Verwaltung nicht vergrößern will. Das müsste die Folge sein, wenn die Politik es ernst meint mit sozialem Wohnungsbau. Ein Schulterzucken, resigniert wegen des Votums für das freie Tempelhofer Feld, wäre nicht fair gegenüber denen, die in Berlin umziehen müssen oder hierherkommen wollen.

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