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Terror: Gesucht: Partner für Interpol

Leistet sich ein Staat grobe Fehler in der Bekämpfung des Terrors, wächst auch die Gefahr für andere Länder. Es erscheint notwendig, dass die internationale Staatengemeinschaft trotz Differenzen stärker kooperiert – und neue Wege einschlägt.

Von Frank Jansen

Es war offenbar deprimierend einfach. Ein Selbstmordattentäter oder eine Attentäterin ging in die Ankunftshalle des Moskauer Flughafens Domodedowo, keine Sicherheitstechnik und kein Wachpersonal konnten das Unheil stoppen. 35 Menschen wurden zerfetzt, die Zahl der Verletzten ist weit höher. Die russischen Behörden haben nun zu prüfen, ob Warnungen missachtet wurden und ob mit mehr Wachsamkeit der Anschlag hätte verhindert werden können. Solche Fragen stellen zu müssen, gerade in Russland, das schon so oft von Terrorattacken getroffen wurde und dessen Sicherheitsbehörden hochgradig sensibilisiert sein sollten, ist beunruhigend, auch für die Bundesrepublik.

Nicht nur, weil in Moskau auch ein Deutscher getötet wurde. Leistet sich ein Staat grobe Fehler in der Bekämpfung des Terrors, wächst auch die Gefahr für andere Länder. Wer in Moskau durchschlüpft, sprengt sich womöglich in Berlin in die Luft. Natürlich ist der Anspruch kaum durchzusetzen, dass sich die internationale Staatengemeinschaft in der Abwehr des islamistischen Terrorismus auf globale und rechtsstaatlich vertretbare Sicherheitsstandards verlassen kann. Überall wird geschlampt, auch Deutschland ist nicht perfekt – auch hier kann sich ein Terrorist in der Ankunftshalle eines Flughafens unter wartende Familien mischen. Außerdem verstehen autoritär geführte Staaten bekanntlich unter Sicherheit nicht dasselbe wie Demokratien.

Das semidemokratische Russland muss sich sagen lassen, dass ein aufgeblähter Sicherheitsapparat mit Neigung zu exzessiver Brutalität einen Teil des Problems darstellt. Der Konflikt im Kaukasus ist ein klassisches Beispiel für das Scheitern einer Strategie, die vor allem auf eine militärische Lösung setzt. Die extreme russische Repression hat schon früh die Radikalisierung tschetschenischer Nationalisten zu unversöhnlichen Gotteskriegern gefördert. Ganz im Sinne des Netzwerks Al Qaida, das den Kaukasus als eines der Schlachtfelder des Islam begreift.

So wurde, ungewollt und doch logisch, die Internationalisierung des Terrors noch gestärkt. Im Kaukasus kämpfen Araber an der Seite der Separatisten, auch Islamisten aus Deutschland starben dort. Und es ist zu befürchten, dass der Terror sich noch weiter vernetzt und auch Länder stärker trifft, die bisher weniger zu leiden hatten. Zum Beispiel China, das ebenfalls mit brachialer Repression versucht, muslimische Minderheiten wie die Uiguren ruhig zu stellen. Da verwundert kaum, dass Uiguren neben Tschetschenen in der Hochburg des militanten Islamismus, dem pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet, den Dschihad praktizieren.

Auf einen Wechsel in der Politik Russlands und Chinas zu warten, kann sich der Westen allerdings im Antiterrorkampf nicht leisten, selbst wenn das paradox erscheint. Doch die Anschlagsgefahr ist viel zu hoch. So erscheint es notwendig, dass die internationale Staatengemeinschaft trotz Differenzen stärker kooperiert – und neue Wege einschlägt. Ein globales Terrorabwehrzentrum, als Partner von Interpol, könnte Informationen von Polizeien, Nachrichtendiensten und Justiz sammeln, auswerten und weitergeben. Ansätze zur weltweiten Bekämpfung militanter Extremisten gibt es ja. Die Vereinten Nationen führen seit 1999 eine Terrorliste, auf der hunderte Personen und Gruppierungen stehen, die Sanktionen unterworfen werden, wie dem Einfrieren ihrer Konten. Dass mehr getan werden sollte, möglichst bald, zeigt der Anschlag von Moskau.

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