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Sitzen im BER-Aufsichtsrat - und sind nur mäßig erfolgreich: Klaus Wowereit (SPD) und Matthias Platzeck (SPD).

© dpa

Teure Großprojekte: Politiker raus aus den Aufsichtsräten!

Wenn Politiker Unternehmer sein wollen oder Aufsichtsräte, dann geht das meist schief. Dennoch versuchen sie es immer wieder - mit einer Hybris, die atemberaubend ist. Und mit Folgen, die ebenso atemberaubend sind. Atemberaubend teuer nämlich.

Immer wieder haben wir in den letzten Jahrzehnten die Erfahrung gemacht, dass Unternehmer oder Manager, die sich in die Politik wagen, dort kläglich scheitern. Wer es gewohnt ist, rational und effektiv und zügig zu entscheiden, ist in den mühseligen Abstimmungsprozeduren und Parteitags-Kämpfen schnell verloren. (Es gibt natürlich auch Unternehmer und Manager, die schon auf ihrem angestammten Gebiet versagen.) Warum aber bilden sich immer wieder Politiker ein, sie verstünden es, sich selber als Unternehmer oder Aufsichtsräte zu betätigen? Mappus, Beck, Wowereit (plus Platzeck) – dies sind in dichter Folge die Fälle und Namen.

Wie konnte der vormalige baden-württembergische Ministerpräsident dem Wahn verfallen, er könne in einer solistischen und geheimen Nacht-und-Nebelaktion mal schnell die französischen Anteile an dem heimischen Energieversorger EnBW kaufen – ohne ausreichende Beratung und kritische Diskussion, nur gesteuert von einem Spezi und Investmentbanker? Solche Milliardengeschäfte werden in seriösen Unternehmen von großen Expertenteams so gut es geht vorbereitet und in Vorstand und Aufsichtsrat heftig debattiert, was übrigens nicht ausschließt, dass solche Übernahmen dennoch fantastisch scheitern können, etwa die damalige Übernahme von Rover durch BMW. Aber in Baden-Württemberg hatte ein von selbstständiger unternehmerischer Erfahrung restlos unbeleckter Politiker geglaubt, solch einen Mega-Deal mal so nebenher auf eigene Faust durchziehen zu können.

Dass, zum zweiten, das große Projekt Nürburgring längst notleidend war, pfiffen die Spatzen schon von den Dächern, als der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck sich selbst und seinen Wählern immer noch das Blaue vom Himmel versprach. Am Ende wollte er die Pleite seines Ausflugs ins Unternehmertum noch schnell der EU-Kommission zur Last legen, weil sie zu einer rechtswidrigen (und ökonomisch sinnlosen) Subvention nicht die Hand reichen wollte. Schließlich seufzte Beck nur noch: „Es tut mir leid, dass es so gekommen ist.“ Kein Vorstandschef käme mit einem solchen weinerlichen Selbstmitleid davon.

Bildergalerie: Öffentliche Großbauprojekte – ungeplante Mehrkosten

Und nun Wowereit und Platzeck! Wie konnten die beiden sich einbilden, sie verfügten über die Einsicht, Erfahrung, Zeit und sachliche Eindringtiefe, den Aufsichtsrat des Mammutprojekts Großflughafen anzuführen und die komplexe Aktion unter Kontrolle zu halten? Mit vier dreistündigen Sitzungen im Jahr ist derlei nicht zu leisten – ganz abgesehen von der fehlenden Sachkunde von Fachfremden, denen man jeden Bären aufbinden kann. Die eklatante Hybris, aus der all die genannten Politiker meinten, sie könnten mal so nebenher „Unternehmerles spielen“ (wie man im Schwäbischen sagt), ist schlicht atemberaubend.

Und wo bleibt die Haftung? Mitglieder von Aufsichtsräten haben „die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden“. Falls etwas schiefgeht, muss man ihnen nicht etwa mangelnde Sorgfalt nachweisen, sondern sie müssen ihrerseits nachweisen, dass sie (und wie sie) sorgfältig gehandelt haben; es gilt die Beweislastumkehr. Bei einer solchen Befragung kämen die Herren Wowereit und Platzeck ganz schön ins Schwitzen – und übrigens auch ins Bezahlen von Schadenersatz.

Aber weshalb fragt sie eigentlich keiner? Weil man es etwa so hält wie damals bei der Bayerischen Landesbank? Da wurden die „politischen“ Mitglieder im Verwaltungsrat gleich ganz von Haftung freigestellt, weil man von Anfang an nicht erwartete, sie seien ernstlich imstande, die Bank zu überwachen und für diese Aufgabe zu haften.

Es wird Zeit, dass Politiker bei ihrem Leisten bleiben – schon damit sind sie oft überfordert.

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