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Ein X für ein U vormachen - in Berlin geht das.

© dpa

Theatertreffen und Gallery Weekend: Kultur in Berlin: Immer mehr, aber nicht immer besser

Theatertreffen, Gallery Weekend, Lange Nächte: Das Kunstvolk strömt, die Buden sind voll. Was immer angeboten wird, es wird auch angenommen. Hat Berlin genug Kultur?

Pokalfinale? Ist da was? Die Lange Nacht der Museen vom 17. auf den 18. Mai wird „eindeutig Bayern und Dortmund schlagen“. Sagt Tim Renner. Kaum im Amt, hat der Kulturstaatssekretär schon jenen Ton drauf, der Kultur zum Synonym von Event macht.

Am heutigen Freitag wird das 51. Berliner Theatertreffen eröffnet. Und Gallery Weekend ist auch. Beide Veranstaltungen, so unterschiedlich sie sein mögen, zeichnen sich durch ein elitäres und ein populäres Element aus. Das Elitäre beim Theatertreffen ergibt sich schon durch die beschränkte Zahl von Plätzen in den Berliner Häusern, wo in den nächsten zwei Wochen von einer Jury ausgewählte Inszenierungen aus München, Zürich, Stuttgart oder Wien gastieren. Die Veranstalter haben die natürliche Limitierung stets bedauert, aber was soll man tun? In Bayreuth ist es nicht anders. Um mehr Menschen zu beglücken, müsste der Hügel über Monate spielen. Und wäre kein Festspiel mehr.

Berlin verschlingt Kultur

Populären Charakter hat das Theatertreffen, weil in seinem Umkreis viele Vorstellungen von anderen Bühnen angeboten werden. Und weil zum Treffen im Haus der Berliner Festspiele viele zu den Partys kommen. Leider gibt es dort Nachbarn, die das nicht verstehen und die Polizei rufen, wenn im wunderschönen Garten eine Proseccoflasche plopp macht.

Beim Gallery Weekend werden bestimmte Events bewusst und gezielt klein gehalten: Dinners für Sammler, die von den Galeristen chauffiert und hofiert werden. Drumherum strömt das Kunstvolk, stürmt die 250 Galerien, die ihre Türen für den großen Tag offen halten. Gibt es in Berlin zu wenig Kultur? Man könnte auf die Idee kommen. Was immer angeboten wird, ob von staatlich geförderten Institutionen oder auf dem privaten Sektor – es wird auch angenommen. So niedrig wie in der deutschen Hauptstadt sind nirgendwo in der Welt die Schwellen und die Eintrittspreise.

Die Ausstellung von Ai Weiwei im Martin-Gropius-Bau steuert auf einen Besucherrekord zu. Genau besehen ist das sperrige politische Kunst, die keine schönen Gefühle macht. Erfolgreich agiert unter neuer Leitung auch das Maxim- Gorki-Theater. Es steigerte seine Platzausnutzung von 77 auf 95 Prozent – mit Themen wie Homophobie, Krieg, Rassismus, Migration.

Berlin verschlingt Kultur. Wird irgendwann einmal der Punkt erreicht, an dem das umkippt? So bald nicht. Mit der Kultur verhält es sich wie mit dem Kapitalismus. Wachstum ist gegeben, Wachstum ist ein Muss. Immer mehr, aber auch immer differenzierter, globalisierter. Im Grunde erleben wir ein Langes Jahr der Kultur, immerzu. Das kann Überdruss erzeugen und Beliebigkeit. Was ist ein Wort, ein Bild, eine Geste auf der Bühne wert? Wenig.

Das war einmal anders, in der DDR, selbst in West-Berlin. Und wenn wir uns schon mit China beschäftigen: Da halten wir gern aus, dass hierzulande niemand wegen seiner Kunst im Gefängnis landet. Und führen Debatten über Quantität und Qualität in der Kunst. Ja, es ist oft zu viel. Zu viel schlechtes Theater. Zu wenig, was wirklich berührt. Im Fußball läuft es nicht anders. Immer mehr Wettbewerbe, Fernsehübertragungen. Und dann ist Pokalfinale.

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