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Meinung: Therapie: Gesundbeten

Ein sachlicher Kompromiss kann den Streit zwischen CDU und CSU nicht beilegen

Es kann nur ein fauler Kompromiss werden, wenn CDU und CSU sich auf ein Konzept für eine Gesundheitsreform verständigen. Es sei denn, eine der beiden Schwesterparteien verabschiedet sich komplett von ihren bisherigen Vorstellungen. Taktisch wäre das schwierig, in der Sache aber vernünftig. Bereits in den Grundzügen gehen die Konzepte von CDU und CSU so weit auseinander, dass ein Formelkompromiss überhaupt keinen Sinn macht.

Die CDU plädiert für einen radikalen Systemwechsel im Krankenkassensystem. Jeder Erwachsene zahlt unabhängig vom Einkommen eine Gesundheitsprämie in Höhe von 180 Euro im Monat. Wer für die Prämie mehr als 12,5 Prozent seines Einkommens ausgibt, erhält vom Staat einen Zuschuss. Die Prämie für Kinder in Höhe von 90 Euro wird aus Steuermitteln finanziert. Insgesamt sind für den Sozialausgleich bis zu 40 Milliarden Euro an Steuergeldern notwendig.

Hinter diesem Modell stecken zwei Überzeugungen: Erstens hält die CDU es für sozialer, wenn der soziale Ausgleich zwischen Arm und Reich über Steuern und nicht über die Sozialversicherung finanziert wird. Und zweitens werden die Gesundheitsausgaben von den Arbeitskosten abgekoppelt. Bei der Umstellung zahlt der Arbeitgeber seinen Anteil als Lohn an den Arbeitnehmer aus. Dafür hat er danach mit den Gesundheitsausgaben nichts mehr zu tun.

Eines ist klar: Eine Gesundheitsprämie ist nur dann durchsetzbar, wenn es einen Sozialausgleich aus dem Steuersäckel gibt. Ob das Aufkommen aus der Mehrwertsteuer stammt oder aber als Soli auf die Einkommensteuer erhoben wird, ist dabei nachrangig.

Eine Einigung mit der CSU ist schon deswegen unmöglich, weil der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber es ablehnt, über einen steuerfinanzierten Sozialausgleich zu reden. Er führt vor allem pragmatische Gründe an: Es sei unrealistisch, die 40 Milliarden Euro tatsächlich aufzubringen. Dahinter steckt natürlich auch die Furcht vor der Botschaft, man müsse die Steuern erhöhen.

Es klingt daher stark nach einem Ablenkungsmanöver, wenn die CSU plötzlich einen „Gesundheitssoli“ für Gutverdiener und Privatversicherte vorschlägt. Darüber kommen maximal ein paar Milliarden Euro zusammen – aber niemals die Summen, die für den Sozialausgleich notwendig sind. Aber zumindest kann die CSU behaupten, sie habe das Wort Steuern jetzt auch mal in den Mund genommen.

Was die CSU in der Gesundheitspolitik will, ist bisher nicht eindeutig zu erkennen. Meistens formulieren die Bayern nur, was sie nicht wollen. In den vergangenen Woche hat Stoiber der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel ein Stufenmodell vorgeschlagen. Je nach Einkommen sollen Erwachsene eine Prämie zwischen 30 und 260 Euro im Monat zahlen. Stoiber begründet das damit, der Bezug zum Einkommen müsse gewahrt bleiben.

Überzeugend ist das nicht. Wer zehn Stufen fordert, kann auch gleich bei den unendlich vielen Stufen bleiben, die es im jetzigen Beitragssystem gibt. Der Vorschlag dient vermutlich auch eher dazu, das Modell mit dem Etikett „Gesundheitsprämie“ zu versehen. Das klingt zumindest nach einem Kompromissangebot an die CDU, auch wenn es keines ist.

Der CSU-Sozialexperte Seehofer sagte kürzlich, er würde am liebsten das jetzige Krankenkassensystem beibehalten und nur die Arbeitgeberbeiträge einfrieren. Ginge es in der Debatte um Inhalte, wäre das die Entscheidung, vor der CDU und CSU stehen: Steigt man mit aller Konsequenz auf die Gesundheitsprämie um oder reformiert man im bisherigen System? Wahrscheinlicher ist leider, dass am Ende ein unsinniger Formelkompromiss steht.

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