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Jiang Zemin mit US-Präsident Bill Clinton (Archivbild)

© AFP / LUKE FRAZZA/AFP

Tod des chinesischen Ex-Präsidenten: Humorvoll und hemdsärmelig – ein Nachruf auf Jiang Zemin

Der ehemalige chinesische Präsident ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Die Nachricht macht wehmütig. Er stand für die Hoffnung auf politische Öffnung.

Ein Kommentar von Benedikt Voigt

Nachrichten von seinem Tod hat es in den letzten Jahren immer wieder gegeben. Schon 2011 hatte der Hongkonger Fernsehsender „Asia Television“ gemeldet, Jiang Zemin sei „durch Krankheit gestorben“, weil er den Feierlichkeiten zum 90. Gründungstag der Kommunistischen Partei Chinas ferngeblieben war.

Die chinesische Zensur hatte anschließend alle Hände voll zu tun, die falsche Nachricht vom Tod des ehemaligen Parteichefs (1989 – 2002) und Staatspräsidenten (1993 – 2003) wieder einzufangen.

Nun aber ist es offiziell: Am Mittwoch meldete die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, dass der an Leukämie erkrankte Jiang Zemin im Alter von 96 Jahren an multiplem Organversagen gestorben ist.

Er stammte aus der „Shanghai-Clique“

Die Gerüchte über seinen Tod waren in der Vergangenheit deshalb bedeutsam, weil ihm trotz seines hohen Alters lange noch Einfluss auf die aktuelle Politik nachgesagt worden war.

Hochrangige Funktionäre in der Kommunistischen Partei, die unter Jiang Zemin aufgestiegen waren, wurden als „Shanghai-Clique“ bezeichnet. Sie standen innerhalb der Kommunistischen Partei dem Flügel der Kommunistischen Jugendliga gegenüber, aus dem Jiang Zemins Nachfolger Hu Jintao stammt.

Inzwischen aber haben diese Flügel ihre Macht verloren, Xi Jinping herrscht längst alleine über Partei und Volksrepublik. Auch der aktuelle öffentliche Unmut über seine „dynamische Null-Covid-Politik“ hat bisher wohl noch keinen Widerstand gegen Xi innerhalb der Partei erzeugen können.

Generalsekretär seit dem Tiananmen-Massaker

Jiang Zemin hatte nach dem Tiananmen-Massaker von 1989 das Amt des Generalsekretärs übernommen und festigte anschließend – mit Deng Xiaoping im Hintergrund – den autoritären Einparteienstaat weiter.

Dennoch macht die Nachricht von seinem Tod manche Chinesen wehmütig: Er stand für eine Zeit des wirtschaftlichen Aufbruchs, die ihnen Hoffnung auch auf eine politische Öffnung machte.

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Im Gegensatz zu seinen emotional zurückhaltenden Nachfolgern besaß Jiang Zemin Humor und Hemdsärmlichkeit: Einmal trällerte er gemeinsam mit Venezuelas Präsidenten Hugo Chavez und dem Sänger Julio Iglesias ein Lied; Interviews mit ausländischen Journalisten bereiteten ihm sichtbar Spaß.

Ebenso wenig ist vorstellbar, dass Xi Jinping heutzutage Hongkonger Journalisten ermahnen würde, sie seien „too simple, too naiv“, sie sollten sich doch ein Beispiel an einem US-amerikanischen Journalisten nehmen. Der Tod Jiang Zemins zeigt einmal mehr, dass diese Zeiten schon länger vorbei sind.

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