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Meinung: Tödliche Tabus

Von Paul Janositz

Außer Spesen nichts gewesen? Für die WeltAids-Konferenz in Bangkok gilt das nicht. In Thailands Hauptstadt wurde Tacheles geredet, es wurden Strategien entwickelt, um der Seuche Herr zu werden. Schade nur, dass mit dem ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni lediglich ein Staatsoberhaupt angereist war. Mehr Präsenz von Staats- oder Regierungschefs wäre ein wichtiges Signal gewesen. Aids-Bekämpfung als Chefsache, davon ist aber noch nichts zu spüren, auch nicht in den Ländern Asiens oder Afrikas, in denen teilweise schon jeder Dritte das HI-Virus in sich trägt. Auch in Osteuropa, der Ukraine oder in Russland, wo sich der Erreger rasant ausbreitet, wird das Problem eher klein geredet.

Dabei gibt es weltweit 38 Millionen Infizierte, täglich sterben 8000 Menschen an Aids. Die Zahlen werden erschreckt zur Kenntnis genommen, dann folgt das Ritual der Schuldzuweisung. Die reichen Länder zahlen zu wenig in die Anti-Aids-Kasse, beklagt etwa Catherine Hankind vom Aids-Programm der Vereinten Nationen.

Nun ist es unbestritten, dass mehr Geld für medizinische Behandlung und soziale Projekte zur Verfügung gestellt werden muss. Dennoch erinnert die Methode ein wenig an den Ablasshandel vergangener Zeiten. Sich mit Geld freizukaufen, das wird in diesem Fall aber nicht funktionieren. Ebenso wenig wird es Ländern wie Sambia oder Indien wirklich helfen, wenn dort nicht politisch und gesellschaftlich umgedacht wird.

Und damit steht das Thema Sex auf der Tagesordnung, genauer gesagt „Safer Sex“. Hier scheint es eher Rückschritte zu geben. Ugandas Museveni sieht den Gebrauch von Kondomen nicht als richtige Strategie der Aids-Prävention. US-Präsident Bush predigt sexuelle Enthaltsamkeit. Derart verschrobene Moral kann Millionen Menschen das Leben kosten. Die Proteste der Delegierten in Bangkok nach Musevenis Rede sind ermutigend. Sex und Verhütung müssen offen angesprochen werden, auch in katholisch oder muslimisch geprägten Gesellschaften. Soziale Tabus, religiöse Traditionen – beim Anti-Aids-Kampf muss alles auf den Prüfstand. Nur wenn die Aufklärung gelingt, hat sich die Konferenz in Bangkok gelohnt.

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