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Meinung: Trau, Frau, wem

SPD UND BUNDESPRÄSIDENTENWAHL

Wenigstens das Handwerk der Regierung war diesmal nicht zu bemängeln: Blitzschnell haben der Kanzler und die Grünen am Donnerstag ihre eigene BundespräsidentenKandidatin vorgestellt. Mit Gesine Schwan wollen sie eine temperamentvolle Wissenschaftlerin wählen, die nicht nur als Mittlerin zwischen Ost und West glaubwürdig wirken könnte, sondern auch fähig ist, politische Grundsätze gegen starke Widerstände durchzuhalten. So flog sie in den 80er Jahren aus der Grundwertekommission der SPD, weil sie ablehnte, was sie als Schmusekurs gegenüber der SED empfand. Widerlegt worden ist sie in dieser Haltung durch die Geschichte nicht – im Gegenteil. Doch Erfahrungen in einem Regierungsamt oder in einer wichtigen internationalen Behörde bringt die Professorin nicht mit. Auch das spricht dafür, dass SPD und Grüne trotz aller Beteuerungen in ihr nur eine Zählkandidatin ohne echte Chance sehen. Prominentere Anwärterinnen wollten sich für diese Aufgabe nicht hergeben. Das Fadenscheinigste aber ist das Frauen-Argument, mit dem die SPD seit Monaten die Opposition treiben wollte. Die Sozialdemokraten hätten 1994 mit Hildegard Hamm-Brücher eine Frau oder fünf Jahre später mit eigener rot-grüner Mehrheit eine Kandidatin ins hohe Amt hieven können. Beide Male aber kämpften sie für einen Mann, nämlich für Johannes Rau. Wenn es darauf ankam, hat die SPD gekniffen. Wenn es nichts kostet, spielt sie fürsorglich Geschlechter-Parität. Dabei sollte doch gerade eine frauenquotierte Partei wissen, dass eine solche Doppelbödigkeit im Jahr 2004 nicht einmal mehr die Männer beeindruckt. hmt

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