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Meinung: Trialog: Wenn ich mir was wünschen dürfte

Die Ordnung der Dinge hat mir zufällig die Weihnachtskolumne im Trialog beschert. Womöglich ist das ein Standort-Vorteil gegenüber meinen geschätzten Mitschreibern und Grund für mitmenschliche Zurückhaltung.

Die Ordnung der Dinge hat mir zufällig die Weihnachtskolumne im Trialog beschert. Womöglich ist das ein Standort-Vorteil gegenüber meinen geschätzten Mitschreibern und Grund für mitmenschliche Zurückhaltung. Was fange ich nun damit an?

Wenn ich mir was wünschen dürfte, würde ich mir in Berlin - gemeinsam mit Richard Schröder - den Wiederaufbau des Stadtschlosses unter den Linden wünschen, und zwar auf dem Grundriss der alten Kubatur, mit soviel echten Rekonstruktionen, wie das hoffentlich wiedererstandene Bürgerbewusstsein der Berliner mäzenatisch ermöglicht. So würde eine städtebauliche Wunde geschlossen, die Museumsinsel vervollständigt und für mindestens ein bis zwei Jahrzehnte eine handwerkliche Baustelle anderer Art die Besucher im Zentrum faszinieren. Handwerkliche Baustellen sind etwas Besonderes. Sie schaffen nicht nur Häuser, sondern zugleich konkrete Zukunftshoffnungen, Können, Bildung, historisches Wissen, Identität. (Seit langem ist die Dresdener Frauenkirche ein Geheimtipp zu Weihnachten - mit Kuppelbesuch). Da Berlin finanziell aus allen Fugen geraten ist, werden Stadtschloss und Museumsinsel überwiegend, bis auf das gewünschte Bürgerengagement, vom Bund getragen werden müssen. Dann ist es nur recht und billig, dass sich der rot-rote Senat endlich für die grob benachteiligte Deutsche Oper engagiert. Hier ist auch eine Frage der Gerechtigkeit entstanden, nur liegen die Benachteiligten eindeutig im Westen! So viel zu den Aufgaben des neuen Kultursenators, dessen Namen alle ahnen.

Wenn ich mir was wünschen dürfte, würde ich mir - diesmal zusammen mit Wolfgang Schäuble - trotz und wegen des Wahljahrs eine Debatte über die innere und äußere Verfasstheit des soviel beschworenen neuen Verantwortungsgefühls der Deutschen wünschen. Im Inneren wäre das die Debatte über die Schäublesche Dreiheit von Selbstbewusstsein, Patriotismus und Integration als Bedingung jenes "Plebiszits, als das Ernest Renan die Nation definiert hat". Und ich stimme auch ausdrücklich zu: "In voneinander abgeschotteten Teilgesellschaften werden wir das nicht schaffen."

Im Äußeren aber müssten wir endlich einmal wegkommen von der Methode der ständigen Selbstmissionierung in Sekundärtugenden - unter Vermeidung jeder konkreten Klarheit. Wir müssten endlich über politisch-inhaltliche Konzepte der internationalen Ordnung, über bestehende Bündnisse mit ihren Gefahren und Risiken, über nationale und internationale Interessen und historische Möglichkeiten der UNO sprechen.

"Aus Afghanistan haben wir dieser Tage gehört, dort hätten die Deutschen einen guten Ruf, man erwarte etwas von ihnen ... Das muss uns nicht gleich schmeicheln, aber doch nachdenklich machen." (Schröder) Genau! Also reden wir doch bitte über die Gründe dieses guten Rufes. Wenn ich es richtig sehe, so ist er eben jener alten deutschen Nachkriegsrolle geschuldet, die keine selige Nostalgie am Busen von Vater Rhein war, sondern Realpolitik. Es war eine nicht-militärische, vorsichtige, weltoffene, selbstkritische Rolle, der eigenen Gewaltgeschichte und der Lehren des Krieges immer bewusst. Es war diese Rolle, die uns von einem der verachtetsten Länder der Erde zu einem der international respektiertesten gemacht hat.

Wer diese Rolle ändern will, muss gute Gründe haben. Es gibt solche guten Gründe, das ist vermutlich allen bewusst. Aber es gibt auch Grenzen, die verlässlich gezogen werden müssen. Reden müssen wir über beides: über die guten Gründe und die nötigen Grenzen.

Antje Vollmer ist Vizepräsidentin des Deutsch

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